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Eigentlich bräuchte ich den Fotoapparat gar nicht aus der Hand zu legen, ein Motiv jagt das nächste. An den ersten Tagen die Streifzüge bei teils düsterem Wetter durch die Strassen der Metropole. Interessant ist die Uferpromenade Bund. Erwehren muss man sich häufig gegen aufdringliche Chinesen denen man folgen soll. Dabei sicher in Fremdsprachen bewandert, ist nur schwer feststellbar wer davon freundlich sein oder einen mit Geschäften bzw. einer teuren Teezeremonie über den Tisch ziehen will.
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Altstadt Shanghai
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schöne Gärten
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Frühlingserwachen
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Sonntag meine erste Zugfahrt. Mit einem Zettel in chinesischen Schriftzeichen, die Mädels vom Hostel haben geholfen, wird nur die Suche vom Fahrkartenschalter, in China fast immer außerhalb vom eigentlichen Bahnhof, zur Geduldsprobe. Nach zwei Stunden die Ankunft in Suzhou, die Stadt der Gärten. Ich nehme ein Taxi zum Hostel, die Nutzung vom städtischen Nahverkehr ist noch zu schwierig für mich und ein Taxi mit durchschnittlich 2 € pro Fahrt bezahlbar. In den nächsten Tagen sehe ich viele Gärten, denen leider so früh im Jahr noch das Grün der Pflanzen fehlt. Dazu kommt das Erkennen das man in China für alles und jedes Eintritt bezahlen muss. Fast jeder Park, Tempel, Garten und später sogar manch See oder Berg ist abgesperrt und die Eintrittsgelder summieren sich trotz Preisen zwischen 1,50 und 20 € auf. Ein weiterer Fakt: Selbst bei gutem Wetter sieht man praktisch keinen wirklich blauen Himmel. Smog formt milchigen bis gelblichen Himmel, egal wie schön die Sonne darüber scheint.
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In Suzhou verfügen die Restaurants nach wie vor häufig über englische Speisekarten, ein Umstand der die Essenswahl stark erleichtert, wenngleich auch da so manche Überraschung lauert. Suppen sind bisher meist wässrig und recht geschmacklos. Dafür sind alle Portionen meist preiswert und großzügig, wobei Reis auf der Rechnung entweder gar nicht erscheint oder selbst bei überdimensionalen Portionen mit 20 Cent zu Buche schlagen. So kosten mich vollwertige Mahlzeiten im Durchschnitt 3 €. Für einen Tag fahre ich von Suzhou ins nahe Tongli, einem sogenannten Kanaldorf. Zwar etwas touristisch, aber überaus nett anzusehen wie sich alte chinesische Architektur an den Wasserstraßen entlang zieht und mit kleinen Brücken und Gassen ergänzt wird. Im Eintrittspreis enthalten ist auch die Bootsfahrt zu einer kleinen Insel mit buddhistischem Tempel. Eindrücklich und wunderschön. Nebenbei wird langsam zur Gewissheit was ich in den ersten Tagen noch eher als Zufall gesehen habe: der Umgang mit Abfall im Land. Es ist erschreckend wie die Chinesen mit ihrer Umwelt umgehen. Wo sie gehen und stehen, lassen sie ihren Müll fallen. Auch wenn der Abfallkorb, ich sah noch in keinem Land so viele öffentliche Mülleimern, nur 5 Meter weit weg ist. Das selbe passiert ebenso im Zug. Statt die Möglichkeiten im Abteil zu nutzen, fliegt fast alles gleich aus dem Fenster. Absolut grausig und eine Sache die mir im ganzen Land, selbst im allerletzten Dorf, immer wieder massiv aufgefallen ist.
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Mittwoch nach Hangzhou. Meine erste längere Busfahrt klappt ohne fremde Hilfe. Einzig mein Reiseführer wird gebraucht, darin stehen viele Städte und Sehenswürdigkeiten in chinesischen Schriftzeichen, sehr hilfreich. Die Fahrt zeigt viele Fotomotive, nur sind die Busfenster dreckig und staubig, ein Umstand den fast das ganze Land teilt. Evolutionäre Frage: haben etwa Chinesen Schlitzaugen weil die viele durch den Wind aufgewirbelte trockene Erde das Augenzukneifen gefördert hat? 2. Woche vom 13. bis 19. März 2008 Fühle mich in Hangzhou von Anfang an wohl. Ein tolles Hostel 100 m neben dem Xi Hu, Westsee. Mitten in einem Park, die laute Millionenstadt scheinbar weit weg. Zeit zum Durchatmen. Ich streife am und um den See, sehe Tempel, Pagoden, alte Gräber und sehr viele Touristen, von denen 99,9% aus China kommen. Ich dachte in der Nebensaison unterwegs zu sein, was wohl so auch ist. Nur eben das sogar in dieser Zeit ungelogen abertausende von Einheimischen auch reisen. Diese Gruppen bestehen zumeist aus Rentnern und die Führer nutzen häufig ein Megaphon für Erklärungen. Ein Umstand der manche Sehenswürdigkeit zu einem überfüllten und überaus lauten Treffpunkt werden lässt. Trotzdem beginne ich diese Reise nun sichtlich zu genießen.
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morgendliches Tai-Chi im Park mit und ohne Schwert
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Von Hangzhou nehme ich den Fernbus, der mich auf nagelneuen Autobahnen nach Tunxi, Huang Shan City, bringt. Die Strasse ein Traum: modern, gut ausgebaut und fast leer. Einziger Knackpunkt: alles Maut pflichtig, wobei der Durchschnitt bei 1 Yuan (10 Cent) pro Km liegt. Übrigens: derzeit darf noch kein Ausländer ein Auto mieten, bei den fremdartigen Wegweisern und Schildern durchaus verständlich. In Tunxi Stadtbummel durch eine schöne Altstadt mit tausenden der bekannten chinesischen roten Laternen. Bei genauerem Hinsehen steht auf jeder von ihnen ein Schriftzug: Coca Cola. Die Vorhersage verspricht für die nächsten Tage kein gutes Wetter, doch ich hoffe auf mein Glück und buche den Transport zum Huang Shan, gelber Berg oder gelbes Gebirge. Petrus will mich ärgern und lässt es am Morgen regnen. Trotzdem fahre ich und werde am Berg belohnt indem es von nun an doch trocken bleibt. Nach dem üblichen Eintrittsgeld: 200 Yuan, mehr als ich für einen Tag zum Leben brauche, nehmen fast alle die Gondelbahn für weitere 60 Yuan. Auf einen Berg gehe ich aber lieber zu Fuß. In diesem Fall helfen schier endlose Treppen. Geschätzt steige ich an diesem Tag über 12.000 Stufen rauf und runter. Abgesehen von den zahlreichen chinesischen Touristen ein eindrücklicher Tag zwischen nackten Felsen, einzeln sich festklammernden Kiefern und dem “Meer der Wolken”, welches tiefere Wolkenschichten am Gebirge anstranden lässt. Trotz stark bewölktem Himmel ein Hingucker. Zum ersten Foto in der nächsten Reihe: die Werbung zeigt meist “westliche” Models. Ein Umstand der verblüfft. Das Schönheitsideal für Chinesen sind somit wir. Sehr seltsam, man stelle sich mal vor die ganze Werbung bei uns würde nur mit Chinesen gemacht.
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Altstadt von Tunxi
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Das Wetter bleibt mies und ich mache Pause in Tunxi. Pavel und Elona kommen aus Hangzhou nach und neue Bekannte dazu. Ich erfahre von den Problemen in Tibet und das man zur Zeit nicht dahin reisen kann. Autsch, dabei war das mein Hauptziel der Reise. Einen Tag laufe ich geknickt umher, dann entsteht ein neuer Plan im Kopf der mich bald auf eine neue Reiseroute bringt. Nächstes Ziel ist wie geplant der Jiuhua Shan, einer der vier heiligen Berge in China. Bei der Ankunft im Dorf treffe ich einen Holländer und einen Japaner. Mit denen wohne ich die nächsten Tage zusammen. Mittwoch auf den Berg steigen. Das ist schwierig, denn am Morgen herrscht Nebel mit Sichtweiten unter 10 m. Das hat aber etwas mystisches und taucht die Tempel am Weg in geheimnisvolles Licht. Wieder sind tausende von Stufen zu nehmen. Ein paar Mönche auf dem Weg wundern sich lautstark warum ich so komisch gekleidet bin. Sie denken wohl weil mein Kopf rasiert ist wäre ich ein Glaubensbruder. Weiter oben kleben die Gebäude buchstäblich am Felsen. Abends treffe ich mich mit meinen Zimmerkollegen und wir gehen gemeinsam essen. Das ist gut so, denn hier kommen selten Ausländer her und die Speisekarten kann nur Won Ting Kai, unser Japaner im Trio, lesen. Selbst Walter, der Holländer, kann trotz zwei Jahren Leben in China nur gebrochen die Sprache. Von ihm bekomme ich ein kleines Wörterbuch geschenkt, in dem nützliche Sätze und Ausdrücke in Mandarin abgedruckt sind - sein Machwerk.
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Bergtempel im Nebel und aus der Ferne
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gravierte Schlösser als Zeichen ewiger Liebe
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Jiuhua Shan aus der Ferne
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3. Woche vom 20. bis 26. März 2008 Donnerstag mit einem frühen Bus, 7 Uhr, nach Westen. Es ist eine Härteprobe in Sachen Transport, denn der Bus ist alt, die Sitze durchgesessen und die benutzten Strassen teilweise so schlecht das es einen bei größeren Schlaglöchern aus dem Sitz hebt. Dazu benutzt der Fahrer wie so viele im Land sehr häufig die nervige Hupe, was unheimlich stört. An einer Tankstelle dann Anarchie pur. Unser Fahrer streitet mit LKWs um den nächsten freien Platz an der Zapfsäule und es regiert das Gesetz des Stärkeren. Da wird gebrüllt, gedroht und um jeden freien Zentimeter gekämpft, kein schönes Erlebnis. Spät am Nachmittag endlich Wuhan. Die Großstadt wird vom sehr breiten Yangze in drei Stücke geteilt. Freitag gleich mit dem Bus weiter. Regen und eine Klimaanlage die wohl auf “Kalt” steht vermiesen die Fahrt. Dafür ordentliche Strassen und “nur” fünf Stunden Fahrt. Dabei fahren wir an einer riesigen Autobahnbaustelle entlang. Auf mehr als 20 km haben die Chinesen die Autobahn komplett auf 10 m hohe Betonpfeiler gestellt, um bei einem Hochwasser gewappnet zu sein. Da wird klar warum dieses Land über einen dermaßen hohen Rohstoffhunger verfügt. Nächstes Ziel: Yichang, am Damm der drei Schluchten. Hostel ist keins verfügbar, also klappre ich die Hotels ab und werde nach einer Stunde fündig. Das Doppelzimmer an einer der Hauptstrassen. Nicht zu laut, abgewohnt aber nicht dreckig, für 9 € die Nacht. Nachmittag ein Bummel, denn es hört auf zu regnen. Samstag zum Staudamm. Es ist schwierig mit einem öffentlichen Bus dahin zu finden, zu viele widersprüchliche Aussagen von Einheimischen. Am Eingang ein fettes Eintrittsgeld (11 €, also mehr als eine Nacht im Hotel) und ein “hautnaher” Sicherheitscheck. Der Damm selbst hat mich wenig beeindruckt. Auch von den nahen Schluchten ist bei der diesigen Luft (Smog?!) kaum was zu sehen. Für mich kein Grund eine der vielgepriesenen Schifffahrten zu unternehmen, die über den 670 km langen Stausee führen.
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Noch am selben Tag mit dem Zug weiter. Die Bilder aus dem Winter mit chaotischen Zuständen auf den Bahnhöfen in China sind leicht zu erklären. Viele Reisende, alle dürfen erst auf den Bahnsteig wenn der Zug eingefahren ist und es wird gedrängelt, geschoben und gedrückt was das Zeug hält. Dabei haben 90% der Leute eine Platzkarte. Habe nur Hartsitzklasse bekommen und teile mir eine mit Deutschland in den 80gern zu vergleichende Sitzbank zweiter Klasse mit zwei anderen. Das wird mit der Zeit unbequem und man kommt dem Nachbarn wohl oder übel sehr nahe. Dazu 30°C im Waggon, obwohl alle Fenster auf sind. Was ich daraus gelernt habe? Möglichst lange Kleidung tragen, egal wie warm es ist, das beugt manch Unbehagen vor. Ankunft in Zhangjiajie am späten Nachmittag. Durch die Meute von Taxifahrern und Schleppern am Bahnhof muss man erst Mal durch. Ich habe die Adresse vom Hostel nur in Pinyinschrift und selbst Taxifahrer können oder wollen das ohne richtige chinesische Schriftzeichen nicht verstehen. Zwei Stunden laufe ich durch die Stadt und komme dabei der gewünschten Adresse näher. In der hereinbrechenden Dämmerung wird die Gegend schäbiger und eine chinesische Studentin spricht mich in gebrochenem Englisch an. Sie meint ich wäre hier nicht sicher vor Räubern. Das Gefühl beschleicht mich nicht, trotzdem nehme ich ihre Hilfe gern an. Selbst mit ihr dauert die Suche eine weitere halbe Stunde, während der wir teilweise mit zehn Einheimischen unter einer Laterne diskutieren. Ein alter Mann erkennt schließlich das Symbol vom HI-Hostel und glücklich kann ich dort nach einer langen Verabschiedungszeremonie von den vier Leuten die mich hierher begleitet haben einchecken. Das war ein harter Tag.
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Der abgedroschene Spruch, nach Regen kommt Sonnenschein, bewahrheitet sich. Ich fahre ins nahe “Dorf” Wulingyuan, mit 20.000 Einwohner. Ich beginne die Hotelsuche 300 m vor dem Eingang zum Nationalpark im nobelsten Hotel am Platz. Die sehen zum ersten Mal einen Ausländer als möglichen Gast und so endet die Verhandlung über ein schönes, wenn auch abgewohntes, Doppelzimmer incl. Balkon und Frühstück nach anfänglichen 76 € pro Nacht bei 16 €. Zum Vergleich: die letzte Nacht im Hostel kam 2 €. Sachen abstellen und gleich in den Nationalpark. Das Ticket gilt zwei Tage und wird, tolle Technik, mit Fingerabdruck personifiziert. Im Park verkehren auf schlechten Strassen viele Busse die Urlauber zu touristisch relevanten Orten bringen. Die Kombination Nationalpark und Dieselfahrzeuge ist für mich unverständlich. Ich habe Zeit und streife anderthalb Tage durch eine faszinierende Landschaft mit Felsnadeln, engen Schluchten und steilen Wänden. Die Aussichtspunkte sind teils in Schwindel erregender Höhe an der allerletzten Felskante befestigt, Herzklopfen beim Blick in die Tiefe inclusive. Ich gehe den Gruppen von Touristen weitestgehend aus dem Weg. Die Tipps habe ich vom Freund der Hotelangestellten die mich eingecheckt hat, der als Fremdenführer arbeitet. Gut und lecker essen, abgesehen vom grausigen chinesischen Frühstücks Büfett, kein Großstadtlärm im überaus gutem Hotel und nebenbei herrliche Landschaften mit Affen in halbwilder Umgebung. Das fühlt sich an wie Urlaub.
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Stand Zhangjiajie noch auf meinem ursprünglichen Plan, beginnt nun die unfreiwillige Kursänderung um der Sache in Tibet Zeit zum Abkühlen zu geben. Ich habe mir rechtzeitig ein Hartbettenticket für den Nachtzug gekauft und kann ganz entspannt nach Liuzhou reisen. Hartbett ist wie ein Liegeabteil zweiter Klasse in Deutschland und in China das beste Preis-Leistungsverhältnis beim Zug fahren. Die achtstündige Fahrt kostet 18 €, verläuft so ruhig das ich gut schlafen kann und spart die Hotelkosten für eine Nacht. Einzig die Ankunft in Liuzhou und das Umsteigen dort in den Bus 4 Uhr morgens ist unangenehm. Nach weiteren drei Stunden Fahrt Ankunft in Guilin. Inzwischen bin ich mutiger, verzichte aufs Taxi und finde den Weg zum nächsten Hostel mit dem Stadtbus. Langsam fangen die Herausforderungen an Spaß zu machen. Im Hostel ein gutes, europäisch geprägtes Frühstück mit richtig gutem Kaffee. Dabei lerne ich Damien aus Frankreich kennen. Die Begegnung hat Folgen. Er spricht als ein Reisenovize wenig englisch und hat sich mit China als erstem Reiseland für etwas entschieden was eine Nummer zu schwierig ist. Das Angebot mich zu begleiten nimmt er gern an und ich nehme ihn die nächsten Tage praktisch unter meine Fittiche. Die Stadt Guilin sehr angenehm, trotz ihrer Größe. Viel grün, schattige Alleen und Menschen die entspannter sind als im Norden. Bereits hier sieht man Kalksteinfelsen, die steil und grün diese Gegend bekannt gemacht haben. Übrigens: Fahrzeuge in China sind der Hammer. Ein Foto zeigt mein Lieblingsauto, das man im ganzen Land sieht: urig und mehr als Schritttempo schnell.
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einfachste Technik
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4. Woche vom 27. März bis 2. April 2008 Donnerstag wechseln wir nach Yangshuo am Li Fluss. Das Dorf ist von Felsen durchzogen und machen die Menschenmassen erträglich. Wir wohnen in der hübschen, wenn auch touristisch geprägten Altstadt. Hunderte von Neppern, Schleppern und Bauernfängern versuchen vergeblich ihr Glück bei uns. Das Wetter: meist bewölkt und regnerisch. Doch das ist hier normal, ebenso wie die gefühlte Luftfeuchtigkeit von 200%. Abends nach dem Duschen das Handtuch aufhängen und es am nächsten Morgen noch feuchter wieder abnehmen. Trotzdem ist es toll hier. Wir bummeln durch die Gegend und laufen auf Pfaden von einem Weiler zum anderen. Wasser gibt es hier genug und klassische Reisfelder beherrschen das Bild. Pavel und Elona treffen überraschend ein und wohnen im selben Hostel, garantierte Wiedersehensfreude. Wir Männer unternehmen am letzten Tag in Yangshuo eine Kahnparty, im chinesischen angeboten als Bambusrafting. Das Wetter grau in grau, aber wir wollen unbedingt auf den Li Fluss. Die freundlichen Mädels vom Hostel vermitteln einen Privatmann, der uns für 6 € pro Person eine Fahrt abseits der Touristenmassen verspricht. Es hört dann nicht nur auf zu regnen, sondern ab und zu kommt sogar die Sonne durch. Der alte Mann schippert uns auf seinem kleinen Bambusfloß den Fluss hinunter. Der ist ein Hammer und zu beiden Seiten erheben sich die begrünten Felsen steil in den Himmel. Wir haben viel Spaß und sind eine ganze Weile fast die einzigen auf dem Wasser. Das ändert sich weiter unten, als uns hunderte von kleinen Booten und zig große Schiffe begegnen, die leer zurück nach Guilin schippern um morgen die nächste Ladung Touristen herzubringen. Glücklich und zufrieden besteigen wir nach der Fahrt noch einen nahen Berg. Äußerst Schweiß treibend bei der extrem schwülen Luft, aber es lohnt sich. Beweisfoto gleich hier darunter.
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Sonntag mit Damien im Nachtzug nach Kunming, der Hauptstadt der südlichen Provinz Yunnan, nah der Grenze zu Vietnam. Die nächste Großstadt die positiv auffällt und anscheinend ein relativ angenehmes Leben bietet. Der Sommer ist komplett zurück und die Temperaturen liegen über 30°C. Wir schauen uns Stadt wie Umgebung an, wobei vor allem die Westberge gleich an der Stadtgrenze begeistern. Sehr schöne Ausblicke auf die Gegend, dazu kleine, von Mönchen gemachte Tunnel durch den Berg zu Balkonen und Tempeln die wahrlich beeindrucken. Viel Farbe, Gold und klassisch chinesische Architektur. In Kunming erlebe ich zum ersten Mal einen chinesischen Tiermarkt: zusammengepfercht in enge Käfige oder in einfachen Pappkartons kann man fast alles kaufen was im “Brehm’s Tierwelt” steht. Vögel, Schlangen, Schildkröten und was sonst noch alles kreucht und fleucht.
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Mittwoch wird es Zeit allein weiterzuziehen. Damien hat sich nach Zureden entschieden das Land zu wechseln. Erst Vietnam, danach weiter in Südostasien. Für ihn bestimmt besser, da diese Länder leichter zu bereisen sind (Anmerkung vom Juli 2008: nach den e-mails von ihm weis ich das er seine Reise inzwischen genießt und genug Erfahrung sammelt um vielleicht noch mal nach China zu gehen). Mein nächstes Ziel ist Dali, im äußersten Südwesten Chinas. Der Zug hält leider 25 km vor der Alten Stadt und die Fahrt dahin im vollkommen überfüllten Bus macht den halbstündigen Transfer zu einer miesen Erfahrung. Aber wie so alles endet auch die und entlässt mich in eine, von einer dicken Stadtmauer umgebene, historisch interessante Stadt. 5. Woche vom 3. bis 9. April 2008 Ich wohne ein wenig außerhalb der Altstadt an den Drei Pagoden. So kann ich, wenn gewünscht, in die laute Innenstadt gehen und bei Bedarf mich auch in ruhigere Gefilde zurück ziehen. Ich bummle durch interessante Straßen und sehe mir vieles an.
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Dem Tipp im Reiseführer folgend steige ich Freitag mit Gepäck in die nahen Berge auf, um im “Higherland Inn” zu wohnen, ein Hostel fern ab der lauten chinesischen Gesellschaft. Volltreffer. Kleines Anwesen, nette Leute und Natur pur. Praktisch sind nur Ausländer hier, den Chinesen wäre ein Haus so weit weg von der Stadt wohl zu einsam und suspekt. Vor der Tür zieht sich der so genannte Wolkenpass als breiter und ebener Wanderweg am Rand des Gebirges entlang, der von den Chinesen jedoch nur zwischen den beiden Sesselliften benutzt wird. Gegessen wird abends zusammen. Beim family-dinner zahlt jeder 2 €, wofür wir eine reiche Auswahl an Gerichten serviert bekommen. Einen Abend sind wir eine komplette Männerrunde, elf an der Zahl, recht ungewöhnlich. Ich lerne während dem Aufenthalt neue Leute kennen, werde von der Besitzerin eines Inns nach Schottland eingeladen und pokere mit drei Franzosen bis tief in die Nacht. Samstag will ich bei tollem Wetter den Zhonge Gipfel besteigen. Mit im Schlepptau: James aus London. Vom Startpunkt in 2.600 m Höhe geht es steil bergan. Wegweiser existieren keine und statt einer Landkarte haben wir nur ein handgemalte Skizze vom Hostel. Ab 3.300 m beginnt Eis und Schnee, für James in Halbschuhen problematisch. Ich übernehme die Führung und versinke in der Folgezeit teilweise knietief im Schnee. Bei 3.700 m sind gestern die Israelis umgekehrt, doch wir wollen weiter rauf. Dabei nehmen wir, im nachhinein festgestellt, den falschen Weg und kürzen unfreiwillig ab. Das bedeutet einen noch steileren Anstieg und schließlich quer über verschneite Abhänge mit einem Gefälle bis zu 60°. Das ist dann gefährlich und wird zur Herzklopfaktion. Die Hände werden vor Kälte steif, aber das Risiko bleibt in meinen Augen kalkulierbar. James ist da anderer Meinung und bleibt irgendwann zurück. Ich bemerke es spät und bin dann allein auf weiter Flur. Eine riesige Erleichterung als der Gipfel erreicht ist. Oben steht eine total vereiste Fernsehstation. Dazu ein gigantisch schöner Ausblick auf die Gegend, ich stehe immerhin auf 4.092 m Höhe. Runter ein anderer Weg, auf dem mich James einholt. Er hatte sich doch entschieden weiter zu klettern und ist meinen Spuren gefolgt.
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der Zhonge - 4.092 m hoch
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Es fällt nicht leicht mich vom “Higherland Inn” zu trennen. Montag mit dem Bus nach Lijiang, dem Mekka aller Touristen in den Bergen. Die Stadt hat was von Spanien und Ballermann. Massen von Leuten in einer Altstadt die für den Konsum so restauriert wurde, das jedes Haus ein Laden oder Restaurant ist. Erstmals so etwas wie ein Nachtleben. Es ist befremdlich Frauen in ihren Trachten zu sehen, die nach, manchmal gelungenen, chinesischen Remixen ausländischer Songs abrocken. Apropos: westliche Musik wird häufig nur in westlich geprägten Bars, Cafes oder Hostels gespielt. Alles Einheimische dagegen erinnert stark an Weichspüler mit jeder Menge Herzschmerz. Die chinesische Aussprache ist auch kaum für Rock oder R’n B gemacht. Egal, die Stadt gefällt und man kann abends lange durch die bis weit in die Nacht geöffneten Läden bummeln, ganz abgesehen von der großen Auswahl an Restaurants. Ich esse häufig bei einem Tibeter. Der hat eine tolle Auswahl an Gemüse (hat schon mal einer Baumrinde probiert?) und ein so leckeres Tofu, das mir nach den geschmacklosen europäischen Zubereitungen scharf und gut rüberkommt. Dienstag leihe ich ein günstiges Mountainbike aus und erkunde die Gegend. Zur muskulären Anstrengung kommt die körperliche: mit 1,74 m bin ich überdurchschnittlich groß gegenüber Chinesen, weshalb der Sattel selbst im Maximum zu niedrig ist. Trotzdem bin ich den ganzen Tag unterwegs, den 5.596 m hohen Yulong Xue Shan immer im Blick. Reizvolle Dörfer, ein endloser Flickenteppich von Feldern und Wahrzeichen der Dongbakultur, alter heidnischer Zweig, säumen den Weg. Der bringt mich sogar auf einer schwierigen Schotterstraße zu einem 3.600 m hohen Pass, neuer Rekord in meiner Radgeschichte.
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Ich bleibe noch in Lijiang und finde jeden Tag etwas Neues. Der Park des schwarzen Drachen bietet ein Postkartenmotiv der Superlative und in dem Gassenlabyrinth der Altstadt braucht man einen guten Orientierungssinn um nicht verloren zu gehen. 6. Woche vom 10. bis 16. April 2008 Donnerstag weiter nach Norden. Der Bus braucht für die 70 km Luftlinie nach Qiaotou geschlagene dreieinhalb Stunden. Viel Verkehr und enge Passstrassen verlangsamen das Vorankommen. Wieder einmal wird Eintritt verlangt und ich bin am Eingang der Tigersprungschlucht. Bei Jane, einer Tibetanerin, wohne ich die nächsten Tage in einem coolen Gästehaus, das verbaut, urig und mit Charisma rüberkommt. Nachdem ich am Nachmittag durch die nahen Berge streife wird es Freitag früh Ernst. Mit dem ersten Sonnenstrahl breche ich 6 Uhr mit ein paar jungen Leuten aus Schweden und Australien auf. Ich lasse die anderen bald zurück, habe aber auch das größere Pensum vor mir. Der Pfad durch die Berge schwankt zwischen 1.800 m und 2.700 m Höhe. Ich treffe unterwegs Bekannte der letzten Tage, kann jedoch nur kurz bei ihnen verweilen. Sieben Stunden nach dem Start der letzte Abstieg in die enge Schlucht des Jangtsekiang. Der Fluss ist hier noch relativ schmal und muss sich durch ein enges Felsentor zwängen, das an einer Stelle so schmal ist, das der Legende nach ein Tiger seinen Jägern durch einen Sprung auf die andere Seite entkam. So entstand der Name. Ich klettere auf einem Felspfad an der fast senkrechten Wand hinunter und erlebe einen heftig brüllenden Strom, der an dieser Stelle tödlich sein kann. Ein sehr faszinierendes Erlebnis, vor allem weil die Felswände ringsum bis zu 3.000 Meter in den Himmel steigen, womit die Schlucht zu den tiefsten der Welt zählt. Trotz des heißen Tages mache ich mich zu Fuß auf einem kürzeren und längst nicht so spektakulären Weg zurück ins Guesthouse Jane.
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Samstag nach Norden, noch tiefer in die Berge hinein. Bis Zhongdian gewinnt der Bus stark an Höhe und ich reise von nun an meist über 3.300 m Höhe. Ein erster Test wegen Höhenverträglichkeit. Die auch als Shangrila bezeichnete Stadt fällt durch den hohen tibetanischen Anteil an der Bevölkerung auf, dazu eine komplett andere Architektur. Das Wetter so weit oben ist rau, kalt und windig. Nur im puren Sonnenschein wird einem warm, wobei die Höhenstrahlung für eine schnelle und massive Bräune sorgt. Die schlecht isolierten Häuser verfügen normalerweise über keine Heizung und ich suche mir lieber ein Hostel das wenigstens Heizdecken bietet, denn morgens herrschen im Zimmer nur um die 8°C. Ich lasse die Gegend auf mich wirken und besuche unter anderem das Ganden Sumtseling Kloster. Wow, das macht was her. Goldene Dächer, satte Farben und eine Art spiritueller Energie von starker Anziehungskraft. Das kann allerdings nur ungenügend das arme Leben der Mönche verdecken.
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Inzwischen fällt auf das hier nur wenige Touristen unterwegs sind. Auch die immer und überall anzutreffenden Reisegruppen mit Chinesen sind von der Bildfläche verschwunden. In Lijiang kehren die meisten um. Durch die Berichterstattung der Medien fühlt sich der Chinese unter so vielen Tibetanern kaum noch wohl, denn seit dem 14. März wird den Leuten eingetrichtert das sie in diesem Teil des Landes nicht mehr sicher sind. Diese Sichtweise teile ich keinesfalls, mir gegenüber benimmt sich jeder korrekt. Übrigens war Zhongdian mein Hoffnungsschimmer doch noch nach Tibet zu gelangen, aber alle Tourbüros sind geschlossen und auch das Office vom Tibetanischen Fremdenverkehrsamt existiert bis auf weiteres nicht mehr. Beim Versuch in Gesprächen heraus zu bekommen wie es wohl mit den Einreisebestimmungen weitergeht, merkt man das die Einheimischen dem Thema ausweichen. Dann muss ich diesen Plan eben komplett aufgeben. Also das Stück Kultur genießen welches mir hier geboten wird. Auch in der Stadt stehen an jeder Ecke heilige Gebäude und wenn man am Fleischer vorbeikommt, hängt schon draußen vor der Tür was man drinnen ohne das geringste Anzeichen von Kühlung oder Frostung kaufen kann. Na dann, Guten Appetit...
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bei Zhongdian
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Ein Wort zum Fotografieren von Einheimischen. Ich habe extra den Satz: “Darf ich sie fotografieren?” auf chinesisch gelernt, hätte das aber bleiben lassen können. Meist haben (oder wollen?) die Leute mich nicht verstanden, und generell lehnen sie das Ansinnen ab. Manchmal sind Leute extra in Trachten zum Fotografieren herausgeputzt, jedoch muss man dafür bezahlen. Ich will aber ursprüngliche Fotos und muss dafür tricksen oder auf Zufall hoffen, denn wenn man Leute einfach so aufs Korn nimmt drehen sie sich einfach weg. Weiter in Zhongdian. Hier stehen häufig Stupas, eine Art Altar und Anbetungsstätte im Freien, dazu wehen auf manch heiligem Hügel tausende von farbenfrohen Gebetsfahnen. Montag eine abenteuerliche Busfahrt nach Deqin, 80 km vor der Grenze zu Tibet. Das Gebiet war für Ausländer gesperrt, doch aus unerfindlichen Gründen vor ein paar Tagen wieder eröffnet. Die Fahrkarte kostet nur 4 € und verschafft mehr Nervenkitzel als manch Kinofilm. Am Anfang führt die Strasse an einigen tiefen Schluchten vorbei, wobei die Vegetation immer mehr abnimmt. Der Bus schwingt sich eins ums andere Mal auf immer höhere Pässe hinauf und dient dabei auch als Lieferfahrzeug. Ein Mönch, der irgendwo einfach an der Straße wartet, bekommt sein Metallrohr oder der liegengebliebene LKW ein benötigtes Ersatzteil. Unangenehm: zwei feste und eine mobile Polizeikontrolle, bei der die Armee im Hintergrund mit Waffe steht. Das sind beklemmende Erlebnisse und lassen die im Ausland gezeigte Freundlichkeit der Chinesen komplett vergessen. Vor allem als unser Busfahrer dabei erwischt wird als er einheimische Kinder einsteigen ließ, hat man das Gefühl in einer Diktatur der Militärjunta unterwegs zu sein. Finales Ereignis: wir überqueren einen 4.300 m hohen Pass. So weit oben hält kein Asphalt mehr, die Straßen sind grob gepflastert und so schmal, das sich große Fahrzeuge nur mit Mühe aneinander vorbeiquetschen. Leitplanken existieren keine und gleich neben der Straße fällt der Abhang bis zu 800 m in die Tiefe, da dreht sich so manchem Reisenden der Magen um. Zeitweise fahren wir im dichten Nebel und kämpfen uns durch Schnee und Eis. Letztendlich eine geniale Fahrt mit Bauchkribbeleffekt.
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kleiner Teil des Megapasses
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In Deqen angekommen einige Probleme. Die Hostels laut Reiseführer existieren nicht mehr, die Stadt ist hässlich und gesehene Hotels mies. Letztlich nehme ich ein recht teures Taxi und fahre zum Aussichtspunkt am Feilai Si. Dort stehen ein paar kleine Restaurants und Hotels. Nichts tolles, dafür um Klassen besser gelegen als die in der Stadt. Leider ist es stark bewölkt und empfindlich kühl. Das Abendessen im nahen Cafe, wo man aufpassen muss dass einem die Mahlzeit nicht kalt wird, denn Türen und Fenster schließen nur mäßig. Ich lerne ein paar junge Chinesen kennen, von denen einer etwas englisch spricht. Wir wollen morgen gemeinsam einen Minibus zur anderen Talseite nehmen um von dort aus in die Berge zu wandern. Nachts packe ich den Schlafsack aus, denn im Hotelzimmer bildet der Atem Wolken und ich will nicht frieren. Das gelingt, nur die Nasenspitze wird eiskalt. Dienstag 6 Uhr aufstehen, was beim Blick aus dem Fenster leicht fällt. Die Wolken haben sich verzogen und man sieht die nahe Bergkette mit dem alles beherrschenden Gipfel des Meili Xue Shan (Kawa Karpo, 6.740 m hoch). Ein herrlicher Anblick. Nach dem Frühstück bringt uns der gemietete Minibus auf abenteuerlichen Strassen zur gegenüberliegenden Talseite. Dort bleiben meine Begleiter bald zurück, was auch daran liegt das ich ein Stück weiter will als sie. Schmale, teils schlammige Pfade, es hat gestern Abend je nach Höhe geregnet oder geschneit, führen zu einem Pass im Wald, der deutlich durch Gebetsfahnen gekennzeichnet ist. Auf der anderen Seite lösen sich langsam die Wolken auf und die Sonne lässt die Bergwelt erstrahlen. Am Nachmittag treffe ich im Dorf Yubeng ein, das diese Bezeichnung bei seinen 10 Häusern auch verdient. Hier existiert ein Hostel, denn vor allem im Sommer kommen Touristen vorbei. Ein Franzose ist mit seiner chinesischen Freundin hier, dazu sprechen einige Chinesen ganz gut englisch. Die Unterbringung spartanisch, aber sauber. Es gibt sogar eine solare Anlage auf dem Dach, womit eine heiße Dusche möglich ist. Es wird ein überaus schöner Aufenthalt und das Wetter beschert herrlich blauen Himmel.
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Die Wanderung zurück wird absichtlich schwerer. Von Yubeng (3.000 m) rauf zum Pass (3.700 m) und runter ins Tal (2.100 m), durch das der hier noch schmale Mekong fließt. Dort stehen sehr hübsche tibetanische Häuser im unverwechselbaren Stil. Ein ebenso eindrückliche Erinnerung habe ich an die Brücke über den Mekong. Wenig Vertrauen erweckend und mit 10 cm breiten Löchern hängt die schwankende Konstruktion hoch über dem Fluss. Auf der anderen Seite zieht sich der Pfad steil nach oben, was in der prallen Sonne zur Herausforderung wird, bis zum Hotel am Feilai Si (3.500 m), wo der Großteil meines Gepäcks liegt. 7. Woche vom 17. bis 23. April 2008 Donnerstag zurück nach Zhongdian, von wo aus ich weiter nach Norden wollte. Wollte! Am Busbahnhof verweigert man mir den Kauf eines Tickets nach Litang und es dauert eine Weile bis ich herausbekomme das nicht nur Tibet für Ausländer gesperrt ist, sondern auch Teile der Provinz Sichuan. Das frustriert, denn ich wollte auf einer interessanten Route Klosterstädte hoch oben in den Bergen besuchen und auf Gipfel klettern die noch höher sind. So bleibt nur eine erzwungene Rückkehr nach Lijiang. Auf der Fahrt dahin wird in einem Dorf gerade Markt abgehalten. In dem Stopp and Go kommt unser Bus nur langsam voran und ich bekomme mit dem Teleobjektiv ein paar gute Schnappschüsse hin.
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Nach einer Nacht in Lijiang nehme ich am Samstag den Bus zum Lugu See, von dem manche schwärmen das es der schönste in ganz China sei. Mürbe durch die letzten Tage, in denen ich schon viele Stunden im Bus zugebracht habe, wird diese Fahrt zur Ausdauerprobe. Die Strassen sind schlecht und ich sitze im engen Minibus über der Hinterachse. Es schüttelt uns nur so durch und manchmal hebt es die Passagiere so aus dem Sitz das der Kopf fast gegen das Dach knallt. Weit vor dem See das übliche Eintrittsgeld bezahlen. Aus den im Reiseführer genannten 30 Yuan (3 €) sind inzwischen 80 Yuan geworden. Für einen Europäer nicht die Welt, doch mit dem Geld könnte ich einen Tag lang leben und keiner kann sagen was mit dem eingenommenen Geld geschieht. Egal, ich zahle Zähne knirschend. Der See versöhnt dann, denn er ist wirklich wunderschön. Ich bewohne in Ligen, ein Dorf, ein Hostel mit wunderbarer Lage am See. Meist freundliche Leute in der Umgebung können jedoch nur ungenügend überdecken das Touristen hier anscheinend nicht besonders erwünscht sind. Den Eindruck gewinne ich leider nach mehreren kleinen Episoden. Ich umrunde an einem herrlichen Tag den ganzen See, kreuze dabei einige Bauernhöfe und endlose Felder.
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Um weiterzukommen muss ich mit dem ganzen Gepäck 15 km laufen. Taxis existieren keine und privat wird für die Gefälligkeit einfach zu viel Geld verlangt. Leider fährt nur ein Bus am Tag, und der ist heute voll. Nicht schlimm, ich finde ein Gästehaus am Ufer mit großem Fenster, wo ich vom Bett aus auf den See schauen kann. Dienstag Mittag zum Bus. Der kommt eine Stunde zu spät und hat zu wenige Sitzplätze. Es gibt lange Diskussionen und ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Schließlich doch los, ich mit einigen anderen stehend. Die schlechte Strasse rüttelt uns heftig durch. Zwei Stunden später steigen genug Leute aus das alle sich setzen können. Dann eine Polizeikontrolle, die, Gott weis warum, dreißig Minuten dauert. Später fährt der Bus schier endlos durch schmale Täler mit tausenden von Kurven immer an kleinen Flüssen entlang. Erholung oder gar Schlaf ist da undenkbar. Mit Einbruch der Nacht dann groß angelegte Strassen Baustellen. Mitten drin ist auf einmal Schluss. Wir halten und kommen nicht weiter. Im Bus spricht keiner Englisch, nur ein altes Paar nimmt sich praktisch meiner an. Sie versucht mir mit Händen und Füssen dann etwas zu erklären. Ich vermute: Vollsperrung wegen Unfall. Wir stehen irgendwo im nirgendwo, kaum Wasser, kein Essen und keine Ahnung wann es weitergeht. Morgens halb drei bewegt sich die Kolonne und 4 Uhr erreichen wir nach 16 Stunden Xichang, obwohl die Fahrt nur 9 Stunden dauern sollte. Der “freundliche” Busfahrer bringt uns, 7 Leute wollen zum Zug, nicht etwa auf Grund der Verspätung zum Bahnhof, nein er lässt uns irgendwo raus und zeigt die Richtung in die wir laufen sollen. Lichtblick: 10 Minuten nach dem Eintreffen fährt ein Zug nach Chengdu und ich bekomme sogar einen Liegeplatz. Der ist noch warm vom Vorgänger, was mir im Moment total egal ist. Todmüde und geschafft versinke ich im Schlaf. Mittwoch in Chengdu, der Provinzhauptstadt von Sichuan. Nett, ordentlich und angenehm. Ich wohne im alten Viertel, welches gerade komplett saniert wird. Zum Hostel muss man komplett über die Baustelle, aber es ist ein historisch angelegtes Haus mit Garten und nach Feierabend ist es herrlich ruhig. Außer dem Üblichen mache ich einen Ausflug ins große Panda Forschungszentrum.
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8. Woche vom 24. bis 30. April 2008 Donnerstag werden wir sehr früh abgeholt und sind vor dem Besucheransturm im Zentrum. Ich muss zugeben das Pandabären wirklich interessant sind und diese Forschungszentrum praktisch nichts mit einem Zoo zu tun hat. Die Bären sind knuddelig, lustig und man kann ihnen stundenlang zusehen, vor allem in den Abteilungen “Kindergarten” und “Grundschule”. Später finde ich in der Stadt eine wunderschönes altes Kloster das erstaunlicherweise nicht mal Eintritt kostet und sehenswert restaurierte Häuser in Naxi Architektur. Mittendrin neben vielen Restaurants eine kleine Bar, die zur Kaschierung der Eingangssäulen kleine Bierfässer verwendet. Welche Brauerei? Köstritzer Schwarzbier, made in Germany! Ich mache auch Bekanntschaft mit dem Essen in Sichuan, das zu den schärfsten in ganz China zählt, und komme selbst bei wenig gewürzten Speisen ins Schwitzen. Dafür werden riesige Portionen für wenig Geld aufgetischt. Das üppige Mahl mit Reis und Grüntee kostet im Restaurant 2 € und als ich Fisch süß-sauer bestelle kommen keine Filetschnipseln, sondern in einer großen Auflaufform ein kompletter. Mahlzeit.
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Chengdu - im Kloster Wenshu Yuan
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Nanxi Haus, Chengdu
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Köstritzer Schwarzbier fern der Heimat
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Ich las im Reiseführer von schönen Nationalparks weiter nördlich und will da als nächstes hin. Nur wie? Hostels bieten nur teure Touren die alle nach Chengdu zurück kommen, was ich nicht will, oder aber preiswerte chinesische Reisegruppen, mit denen ich garantiert nicht reisen will. Nach Songpan bekomme ich als Ausländer mal wieder keine Busfahrkarte und in Chengdu schickt mich ein Busbahnhof zum anderen, die übers ganze Stadtgebiet verstreut liegen. Letztendlich finde ich einen Bus der direkt zum Nationalpark nach Jiuzhaigou fährt. Auf dem Weg dahin liegt Wenchuan, wo niemand ahnt das in drei Wochen ein heftiges Erdbeben das Leben total verändern wird. Bis hinauf nach Jiuzhaigou verändert sich Landschaft und Klima erheblich. Ich bin auf einer Höhe von rund 3.000 m und die Witterung zeigt sich entsprechend rau. Das Hostel in dem ich wohne ist ganz okay. Als Ausländer gibt man mir ein eigenes Mehrbettzimmer, in dem morgens leider nur 10 °C herrschen. Der Eintritt zum Nationalpark mit 220 Yuan recht preisintensiv. 99% aller Touristen legen noch 90 Yuan für den Bustransport drauf. Mittwoch bin ich wohl der einzige der läuft, denn die ersten Kilometer begegnet mir niemand. Dafür höre und sehe ich in der Nähe der Straße viele Busse, die im Minutentakt Reisegruppen durch den befahrbaren Teil des Parks bringt. Diese Leute verpassen was ich zu sehen bekomme: kleine Seen mit erstaunlich klarem Wasser, welches intensiv in allen möglichen Blau- und Grüntönen leuchtet. Dazu Wasserfälle in allen Größen und Breiten, wobei das Wasser meist in breiten Bahnen auf den nächsten Level fällt oder sich durch das Unterholz schlängelt. An den Hauptattraktionen die erwarteten Hundertschaften von Touristen, wo Leute lange warten um vor einer Sehenswürdigkeit fotografiert zu werden. Ich erlebe trotz des stark bewölkten Tages, der sich später noch zu einigen Schauern hinreißen lässt, einen vergnüglichen Tag in einer Landschaft die über alle Maßen in ihrer Schönheit überrascht.
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den Touristen gefällt es
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Von Jiuzhaigou ist es komischerweise kein Problem für mich nach Songpan zu fahren, einer vor allem von Tibetern und Moslems bewohnten Stadt. Das garantiert an jeder Ecke neue Eindrücke. Ich schlendere am Sonntag durch die wenigen Gassen und lasse alles auf mich wirken. Montag zum Nationalpark nach Huanglong. Der Bus fährt 6 Uhr morgens durch Nebel und Wolken über einen schneebedeckten Pass, für 40 km Luftlinie fast 2 Stunden Fahrt. Angekommen mit einigen Chinesen kommt raus das ein Bus zurück nur theoretisch existiert, sprich nur manchmal zwischen 14 und 16 Uhr fährt. Miese Aussichten. Ich habe mein ganzes Gepäck mitgebracht um vielleicht in eine andere Richtung weiterzukommen. Mein Rucksack kann im Besucherzentrum bleiben. Eine halbe Stunde später öffnen sich für 200 Yuan die Parktore. Werbeslogan: “Die Landschaft von Huanglong ist so schön, das sie die Touristen ganz trunken macht”. Davon ist wenig zu sehen: die meisten Kalkterrassen sind ausgetrocknet und die versprochenen Wasserfälle bis auf ein Rinnsal nicht existent. Mit jeder Attraktion die einfach nicht da ist werde ich ein wenig wütender, denn davon hat keiner was erwähnt. Einzig die, zugegeben, wunderschönen Terrassen weit oben am Fuße schneebedeckter Gipfels lohnen, wenn auch nicht diesen Aufwand. Die Erkenntnis ist der Tropfen der das Fass zum Überlaufen bringt. Sonst sehr genügsam gehe ich zum Besucherzentrum und will mit einem verantwortlichen Manager sprechen und mich beschweren. Bei der Reklamation zeigt sich deutlich eine überraschende Unprofessionalität. Die anscheinend feigen Herren schicken kleine Angestellte vor, fast ausschließlich Frauen. Keiner kann richtig englisch, es wird trotz Nachfrage nicht versucht jemand der mich versteht ans Telefon zu bekommen, ich werde einfach in der Halle stehengelassen, die Angestellten reden in meinem Beisein über mich in chinesisch usw. Das Angebot von ein paar billigen Postkarten lehne ich ab. Der Kampf endet nach geschlagenen anderthalb Stunden mit der Rückzahlung von 75% des Eintritts. Mir ging es nicht ums Geld, wichtig war deutlich zu machen das man von Besuchern kein Geld für etwas verlangen kann was praktisch nur auf Hochglanzprospekten existiert.
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Die Idee über Huanglong hinaus zu reisen klappt nicht. Immerhin findet sich ein Minibus der zum normalen Preis nach Songpan fährt. Mit im Bus ein schon bekannter Taiwanese. Gemeinsam suchen wir ein Hotel in Songpan und verabreden uns zum Dinner. Am Busbahnhof der erneut vergebliche Versuch direkt nach Lanzhou zu fahren. An der Strecke liegen ein paar tibetische Dörfer und ist somit für Ausländer Sperrgebiet. Es bleibt nur der Weg über Chengdu. Das ist ein Umweg von 800 km! Nach dem heute Erlebten ist das echt frustrierend. Was etwas hilft ist der heutige Abend. Der Taiwanese traf weitere Bekannte, die wiederum Freunde mitbringen. So sind wir beim Essen zu zehnt. Englisch können nur zwei, ein toller Abend wird es trotzdem. Nebenbei sei erwähnt: die meisten am Tisch sind auch von Huanglong maßlos enttäuscht, jedoch niemand hat sich getraut sein Eintrittsgeld zurückzuverlangen - so genügsam sind Asiaten. Dienstag ein harter Reiseabschnitt. 6 Uhr mit dem Bus nach Chengdu. Er fährt im Schritttempo durch Songpan und versucht Leute zu finden die mit wollen. Dabei startet der nächste Bus schon eine Stunde später. Wir kommen nur langsam voran und pausieren erneut in Wenchuan. Es ist der 29. 04.2008, gerade mal 2 Wochen vor dem verheerenden Erdbeben! Nach zermürbenden neun Stunden die Ankunft in Chengdu. Mit dem Stadtbus zum Zugbahnhof. Dort das erwartete Chaos. Übermorgen ist der 1.Mai, Feiertag, und Grund dafür das viele verreisen. Vor dem Bahnhof ist die Hölle los, drinnen stehen schier endlose Schlangen vor den Fahrkartenschaltern. Nach einer Stunde halte ich glücklich für den Zug um 22 Uhr ein Ticket in der Hand. Nur Holzklasse, aber praktisch der letzte garantierte Sitzplatz. Bis zur Abfahrt versuchen in der feuchtheißen Stadt zu entspannen, keine Ahnung wie der Körper diese dauernden Klimasprünge verkraften soll.
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Im Zug kann ich mich mit viel Glück ans Fenster quetschen und versuche, auch wenn das komisch klingt, den Körper runter zu fahren. Auf Sparflamme schalten heißt: wenig essen, nur mäßig trinken und den Kopf auf eine lange und harte Reise einstellen. Bis zum angestrebten Lanzhou sind es 22 Stunden. Schlaf gelingt nur selten, dafür ist zu wenig Platz und dauernd ein ziemlich hoher Geräuschpegel. Doch irgendwie vergehen die Stunden und das Ziel rückt näher. Angekommen in Lanzhou nur noch ins Taxi und zum “Freundschaftshotel”. Das ist trotz Lob im Reiseführer außen hui und innen pfui, was mir egal ist, ich will nur noch ins Bett. Schlüssel fürs Zimmer gibt es wie in vielen Hotels des Landes keine. Auf jeder Etage sitzt jemand und öffnet jedes Mal dein Zimmer, auch wenn du wie hier die gemeinsamen Sanitärräume aufsuchst. Gewöhnungsbedürftig. Die Dusche ist die bisher übelste und viele hätten sie wohl gar nicht oder nur in wadenhohen Schuhen betreten. Überall Rost und Alter, statt Duschkopf nur ein offenes Rohr usw. Übrigens: das war die Frauendusche, die Männerdusche ist derzeit wegen Reparatur geschlossen...
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9. Woche vom 1. bis 7. Mai 2008 Ich bleibe zwei Tage in Lanzhou, laut Lonely Planet die am stärksten verschmutzte Großstadt der Welt. Das kann ich so nicht nachvollziehen, auch wenn an theoretisch klaren Tagen die Sonne durch einen milchigen Dunst schaut und alles was einige Kilometer entfernt liegt im Nebel verschwindet. Immerhin sind die Leute nett und entspannt, man merkt das Peking irgendwie weit weg ist und hier der moslemische Teil von China beginnt, in dem jede Menge Uiguren leben. Sehenswert stehen am Gelben Fluss übergroße Wasserräder und so mancher Park lädt zum Verweilen ein.
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in Lanzhou
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Erneut der vergebliche Versuch in gesperrtes Gebiet zu kommen, genauer gesagt in die nahen Berge zum Kloster Labrang. Weil noch genug Zeit bleibt weiter in den äußersten Nordwesten des Landes. Der bewährte Transport mit dem Nachtzug bringt mich nach Jiayuguan. Hier endet das historische China und beginnt die Wüste mit dem ehemals gefährlichsten Abschnitt der alten Seidenstrasse. Inzwischen funktionieren meine Brocken chinesisch ganz gut und mit Hilfe von Walters Phrasebook gelingt es mir in einer Stadt ohne englisch sprechende Leute zu verweilen. Samstag ein Rad ausleihen und die Gegend erkunden. So stehe ich dann mitten in der Wüste am westlichen Ende der Großen Mauer, die von hier aus mit Unterbrechungen 5.000 km bis zum Meer führt, oder besser gesagt führte. Die Festung vor Ort macht mächtig Eindruck. Dominierende Farbe wird nun das Ocker vom Sand. Trotz Hitze bleiben die Temperaturen bei niedriger Luftfeuchtigkeit erträglich. Beim Durchstreifen der Gegend sieht man immer seltener die inzwischen vertrauten Gesichter der Chinesen - kurzum es scheint als wäre ich inzwischen in einem anderen Land unterwegs. Die Küche ist nun eher moslemisch geprägt und an jeder Ecke werden kleine Kebabspieße angeboten.
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Rad, Straße, Wüste
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Ich nehme richtig Reisetempo auf und tauche am Montag im 600 km entfernten Turpan auf. Die Oasenstadt liegt in der Wüste und sagenhafte 80 m unter dem Meeresspiegel. Ich finde ein nettes Hotel und bin von der Stadt mit rund 250.000 Einwohnern komplett begeistert. Auch wenn gerade die halbe Stadt aufgebaggert wird um zeitgleich überall neue Versorgungsleitungen zu installieren, fühle ich mich sofort wohl. Einige Straßen wurden zu Fußgängerzonen umgebaut und mit Weinspalieren überzogen um der unbarmherzigen Sonne etwas entgegenzusetzen. Die Ausschilderung nun in chinesisch und arabisch. Am besten: der Basar. Gewürze, endlos Stände mit getrockneten Früchten, Freiluftfleischereien (Hygienebeauftragte sollten da weghören) und jede Menge kleine Restaurants auf offener Strasse. Der Dienstag sehr einprägsam. Ich habe eine Tagestour gebucht und treffe früh am Reisebüro auf den “Rest” der Truppe. Der Israeli sieht aus wie Che Guevara und die Koreanerin ist einfach richtig nett. Da wir nur zu dritt sind kommt kein Bus, sondern eine Limousine fährt uns zu den Attraktionen der Gegend. Da sind die Grotten von Bäzäklik, uralt und in einer Schlucht inmitten der Flammenden Berge gelegen. Hübsch. Es bleibt genug Zeit für einen kurzen Ausflug in die nahen Berge, meine erste Begegnung mit der Wüste. Dann zum Emin Minarett aus dem 18. Jh., dessen bauchiger Moscheeturm von weitem grüßt. Weiter zum Karez Bewässerungssystem, das den Menschen hilft in dieser lebensfeindlichen Umgebung zu überleben. Schließlich zur Ruinenstadt Jiaohe. Erstaunlich wie gut die Ruinen aus dem 8 Jh. erhalten sind. Ebenso erstaunlich wie groß die Stadt war und wie gigantisch der Haupttempel, dessen Grundmauern einen riesigen Platz umschließen.
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Bäzäklik
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Nach dem schönen Tag gehen wir abends gemeinsam essen, wobei noch ein bekannter Russe dazu kommt. Überraschend wie sich vier Alleinreisende am Ende der Welt in einer Oase treffen. Neben regen Erfahrungsaustausch haben wir viel zu lachen. Am Mittwoch mit dem Bus nach Ürümqi, der Provinzhauptstadt im äußersten Nordwesten von China. Ich kann es vorweg nehmen, der Aufenthalt dort wird weniger schön. Ein Hostel hat wegen Umbau zu, ein anderes existiert nicht mehr und ich brauche lang um ein preiswertes Bett zu finden. Die Stadt macht einen netten Eindruck, wirkt aber trotz der Hitze kalt und ablehnend. Zu chinesisch und arabisch kommt nun russisch als dritte Sprache dazu. Ansonsten könnte diese Großstadt überall auf der Welt stehen und die gepriesenen Basare sind nur ein Abklatsch im Vergleich mit Turpan. Wenigstens soll ein Ausflug zum 100 km entfernten Tianchi, dem Himmelssee im Tian Shan Gebirge, gelingen. Ich laufe lange von Pontius zu Pilatus, bekomme aber nur Absagen. Der im Buch genannte Bus existiert offenbar nicht und Reisebüros können nur ein Taxi anbieten - zu einem Betrag mit dem ich hier eine Woche lang leben könnte. Der Zufall hilft. Als ich gerade aufgeben will spricht mich eine Einheimische an und wirbt für einen bezahlbaren Bus für morgen früh. Einziger Haken: mir bleiben am See maximal drei Stunden bis zur Rückfahrt.
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10. Woche vom 8. bis 14. Mai 2008 Donnerstag früh hetze ich durch die halbe Stadt und bin pünktlich vor Ort, wie meine Werberin. Nur der Bus ist nicht da. Eine geschlagene Stunde und hektische Telefonate später werde ich abgeholt. Richtig los geht es trotzdem nicht. Wir kreuzen die Stadt mehrfach um den Bus zu füllen. Auf Nachfrage sagt die Tourleiterin das wir nur noch einen Stopp machen, dann geht es los. Problem: das erzählt sie mir drei Mal. Zwei Stunden später, wir sind noch immer im Stadtgebiet, reißt mein Geduldsfaden denn so bleibt mir am See nur eine halbe Stunde bis zur Rückfahrt. Es folgt eine heftige Diskussion, wobei die Dame auf einmal kein Englisch mehr versteht. Das reicht. Ich stelle mich blockierend vor den Bus bis man mir das Geld zurück gibt. Als Ausgleich für den verkorksten Vormittag bekommt der erste Bettler von mir eine für diese Gegend großzügige Summe. In der nun freien Zeit wandere ich durch die Berge nahe der Stadt. Abends mit dem Nachtzug fast 900 km zurück bis Hongliuyuan, wo morgens ein Kleinbus ins zwei Stunden entfernte Dunhuang fährt. In der Oasenstadt gelingt in einem Hotel der beste Deal der Reise. Das Feilschen von Hotelseite mit 280 Yuan beginnend kommen wir schließlich bei 40 Yuan (4 €) die Nacht überein. Dafür bekomme ich ein Doppelzimmer mit Bad, so sauber und ordentlich das es mit jedem guten Hotel in Europa konkurrieren kann. Bis Sonntag sehe ich in der Gegend u.a. die Grotten von Mogao, sehenswerte buddhistische Höhlenkunst vom 4. bis zum 14. Jh. Tausende Teile, wie Schriftrollen, Sutren und Seidenmalerei, liegen seit 100 Jahren in Museen von London und Paris. Trotzdem sind die zugänglichen der fast dreihundert Höhlen beeindruckend. Fotos erlaubt man nur außen, alle Taschen abgeben und auch Handys bleiben nach Leibesvisitation vor der Tür. Nachholen kann man das Fotografieren im nahen Museum, wo unter anderem einige der Grotten maßstabsgetreu nachgebaut wurden.
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noch mal Ürümqi
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Nach der Mittagspause im klimatisierten Hotel ab in die nahe Wüste. Auch die, man mag es kaum glauben, kostet Eintritt. Ich leihe keine der orangen Überziehstiefel aus Tuch aus, die verhindern sollen das Sand in die Schuhe kommt, und klettere von einer Düne auf die nächste. Dabei bin ich bald allein in der Wüste. Chinesen laufen ungern und vermeiden möglichst körperliche Anstrengung. Und anstrengend wird es. Der Höhenmesser verzeichnet für eine Düne 300 Meter, ein Wahnsinnsberg aus Sand. Da hinauf geht es nach dem Motto: einen Schritt vorwärts und dabei einen halben zurück sinken. Der Sand in den Schuhen ist mir egal. Barfuss laufen geht selbst am späten Nachmittag nicht, man kann sich immernoch am Sand verbrennen. Mir begegnen kleine Wüstenbewohner und die immer tiefer stehende Sonne zaubert herrliche Konturen in das schier endlose Meer aus Sand. Spektakulär hält sich mitten drin ein kleiner See, laut historischer Aufzeichnung seit wenigstens zweitausend Jahren. Es ist ein Abenteuer der besonderen Art mitten in der Wüste Gobi zu stehen, auch wenn die Zivilisation nur eine Stunde entfernt bleibt.
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Weiter, immer weiter. Ich schlage einen Bogen nach Süden und nehme den Bus nach Golmud. Zum ersten Mal erlebe ich die Wüste bei Tag, denn ansonsten fuhr ich immer mit dem Nachtzug. Dazu bietet die Fahrt einige Pässe die über 3.300 m hoch sind. Acht Stunden fahren wir durch eine bizarre Gegend die dem nahe kommt was wir unter einer Mondlandschaft verstehen. Das scheinbar endlose Asphaltband kreuzt ein menschenfeindliches Gebiet in dem kleine Twister Sand aufwirbeln und wilde Kamele leben. Mittendrin halten wir an einer Toilette, dem einzigen Gebäude im Umkreis von 100 km. Echt seltsam. Kurz vor Golmud jede Menge Industrie, Salzschlamm und Strassen die so schlecht sind das es verwundert wie der Bus da durch kommt. Die Stadt Golmud ist so unansehnlich wie im Reiseführer beschrieben. Zergliedert mit breiten Strassen nach russischem Vorbild. Ich bleibe auch nur kurz hier. Der erhoffte Zug nach Xining fährt bereits in knapp zwei Stunden. Mal wieder Glück gehabt, denn in Dunhuang konnte mir keiner gültige Abfahrtszeiten nennen. Ich bekomme sogar noch einen Platz in der Hartschläferklasse.
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das WC allein auf weiter Flur
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Montag in Xining, eine Großstadt. Was auch sonst, hier sind alles Großstädte. Recht hübsch, wenn auch ohne Besonderheiten. Ich besuche das Ta’er Si Kloster, 20 km außerhalb. Der Bus fährt nicht vom normalen Busbahnhof und ich irre lange durch die Stadt um die Abfahrtsstelle zu finden. Angekommen am Kloster wird schnell klar das es sich hier um eine heilige Stätte handelt die vor allem für Touristen in altem Licht erstrahlt. Zwar sind die Hallen alt und schön, viele Mönche unterwegs und man spürt eine gewisse Ausstrahlung, doch insgesamt wirkt die Stätte steril und nüchtern. An jedem Tempel sitzt ein Mönch und locht die Eintrittskarte, so das man jedes Gebäude nur einmal betreten kann. Ein netter Ausflug, nicht mehr. Besser ist da die Gasse zum Klosterkomplex: vollgestopft mit Handwerkern und Händlern die sich auf Tempelbedarf eingestellt haben. Da fertigt man Buddhas und vielarmige Götzenskulpturen, dengelt Dachfiguren, bietet tonnenweise Räucherstäbchen an (die größten sind 1 m lang und dick wie ein Besenstiel) und handelt jede Menge heiligen Krimskrams. Spät bin ich zurück in Xining und habe richtig Hunger. Seit gestern morgen bin ich unterwegs und hatte heute kein ordentliches Frühstück. In ein moslemisches Restaurant gibt es leckere fernöstliche Spaghetti. Das Essen rächt sich am nächsten Morgen. Bisher habe ich die hiesige Küche vertragen, doch die große, scharf gewürzte Portion auf nüchternen Magen bringt die Verdauung durcheinander. Unbeeindruckt davon steh ich Dienstag 6 Uhr am Busbahnhof. Dort herrscht Anarchie, denn nur ein Fahrkartenschalter ist auf. Von allen Seiten drängeln Leute, ich mit dem großen Rucksack voll dabei. Vielleicht ist es diesem Umstand zu verdanken das ich problemlos die Fahrkarte nach Xiahe bekomme, eigentlich ist dieses Gebiet für mich gesperrt. Im Bus sitzend erwarte ich hinausgewiesen zu werden, doch nichts passiert. Die Freude darüber nebst schöner Landschaft ringsum gerät allerdings zur Nebensache, denn mein Körper tut was er will. Einmal muss ich den Bus in einem Dorf halten lassen und schaffe es gerade so auf die Toilette, das war knapp. In Xiahe scheint alles in Ordnung, bis ich im Hostel bin: man gibt mir kein Zimmer, das sei polizeilich verboten. Das schockt, denn ich nehme an das diese Weisung für alle Hotels der Gegend gilt, und Xining ist sechs Busstunden entfernt. Zelten wäre eine Lösung, doch das würde ja noch mehr auffallen. Ich frage in kleinen Gasthäusern und werde in einem tibetisch geführten fündig. Dort braucht es keine schriftliche Anmeldung und keine Reisepasskopie. So komme ich für 3 € zu einem eigenen Zimmer mit großer Glasfront und Blick auf das Labrang Kloster. Genial.
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Mönch und Moderne
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Die Welt nahe dem Labrang Kloster ist eine ganz eigene. Zig Mönche, dazu Tibeter und Pilger aus halb China, die den ganzen Tag das Kloster (wichtig: immer im Uhrzeigersinn) umrunden, dabei die Gebetsmühlen drehen oder sich endlos niederwerfen. Beim umherstreifen lasse ich das auf mich wirken. Das Kloster besteht neben dem Gebetsmühlengang, der sich um das halbe Klostergelände zieht, aus einer Anzahl verstreut liegender Gebäude und Tempel, zwischen denen die einfachen Unterkünfte der Mönche stehen. Vor der Kulturrevolution haben hier 12.000 gelebt, nun sind es immerhin wieder 3.000. Mein Magen hat sich inzwischen beruhigt und ich gehe essen. Einige der Restaurants haben geschlossen oder sind nur schlecht besucht. In einem tibetisch geführtes Cafe unterhalte ich mich lange mit der Besitzerin und bekomme Antworten. Sie erzählt ich sei der erste westliche Tourist in Xiahe seit Wochen, und deswegen so etwas wie ein Held. Viele in der Stadt müssten inzwischen um ihre Existenz kämpfen, denn durch die Abschottung fehlt das Geld der Touristen. Ich vermeide übrigens den eher von Chinesen bewohnten Teil der Stadt. Da ist dieses Gefühl von Vorsicht, obwohl ich natürlich hundertprozentig auffalle. Mittwoch für eine Führung zum Kloster. Die wird auf englisch angeboten und ich bin weit und breit der einzige Interessent. Ein sehr gut englisch sprechender Mönch führt mich zwei Stunden lang durch Tempel, Gebetsräume in Saalgröße und heilige Altäre. Ein Raum ist voll mit Skulpturen aus Yakbutter (das riecht man) und nebenbei erhalte ich einen riesigen Haufen an Informationen. Dann spaziere ich durch die nahen Berge und mache einen Plan für die nächsten Tage hier. Das hätte ich mir sparen können, denn abends klopft der Besitzer am Zimmer und fordert mich auf zu packen. Es tut ihm leid, aber die Polizei hat wohl Ausländer in der Stadt gesehen und sucht diese nun zusammen. Er kann nichts dafür, aber obersauer packe ich meine Habseligkeiten. Auf der Straße bereits westliche Gesichter. Eine Gruppe von fünf Europäern erzählt das sie Probleme hatten hier her zu kommen, und das sie als erstes zur örtlichen Polizei gegangen sind um zu fragen ob sie hier bleiben können. Da muss ich an mir halten. Wie kann man denn nur so DUMM sein. Statt sich still und leise zu verhalten laufen die zur Polizei. IDIOTEN. Ein freundlicher Herr in Zivil, wohl chinesische Stasi, will uns glauben machen das alles zu unserem besten ist und wir nur nicht bleiben können weil die Hotels uns nicht lassen. So ein unglaublicher Unsinn! Ich bin wütend, stocksauer und zeige ihm das auch, mit dem Ergebnis das er die freundliche Fassade fallen lässt, mich zur Seite nimmt und wir eine heftigere Diskussion führen. Doch da hilft alles nichts. Zwei Minibusse, die wir natürlich selbst bezahlen müssen, bringen uns drei Stunden weiter nach Linxia. Mitternacht dort, können wir selbst sehen wo wir einen Schlafplatz finden. Mittlerweile habe ich mich mit John aus England angefreundet, dessen Beruf in Umweltfragen viel Gesprächsstoff bietet. Wir finden ein günstiges Hotelzimmer und im TV den englischsprachigen Kanal 9 des chinesischen Fernsehens. Überrascht hören wir vom schweren Erdbeben in Sichuan und sehen davon erste Bilder und Berichte.
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in Linxia
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11. Woche vom 15. bis 21. Mai 2008 Donnerstag mit dem ersten Bus nach Lanzhou, wo ich einen Zug nach Peking erwische. Der fährt eine Stunde später, so ein Glück. Die Abteile im Zug sind nagelneu und er kommt gerade aus Lhasa. Ironie des Schicksals: Da versuche ich seit Wochen nach Tibet zu kommen und fahre meine letzte lange Strecke, 22 Stunden, mit genau diesem Zug - nur in die falsche Richtung. Ankunft in Peking am Freitag. Mit dem Taxi zum Hostel, besser gesagt in dessen Nähe. Ich habe ein Haus im Zentrum gewählt das sich in einem Hutong versteckt. Ein Hutong ist ein Labyrinth von Gassen, eng, schmal und ohne Muster, verirren garantiert In diesen Stadtteilen findet noch das ganz normale, einfache Leben statt. Leider werden immer mehr der einstöckigen Häuser flächenweise abgerissen und Neubaublocks mit nichts sagenden geraden Straßen errichtet. Am Abend schaue ich gleich im Quanyude Restaurant vorbei. Dort arbeiten chinesische Kollegen, die im Januar bei uns im Park Hotel Weggis waren. Das ist eine Wiedersehensfreude. Ich werde zum Essen eingeladen und neben den Bekannten kommen im Laufe des Abends noch jede Menge Direktoren und Abteilungsleiter vorbei um den Gast aus der fernen Schweiz zu begrüßen. Eckdaten vom Restaurant: vier Stockwerke, in zig Räume unterteilt, mit insgesamt 2.000 Sitzplätzen, 200 Angestellte und ein Verbrauch von 2.000 Enten pro Tag. Das Quanyude ist seit 1864 eine Institution in Sachen Peking-Ente. Für mich sehr angenehm nach fast drei Monaten in eine Stadt zu kommen und bekannte Leute zu treffen. Die nächsten Tage ein hartes Programm in und um Peking. Eigentlich dachte ich das nach so viel China kaum mehr große Überraschungen warten, doch weit gefehlt. Als erstes in die Verbotene Stadt. Ich habe am Samstag ein wenig Wetterpech, doch der Nieselregen kann den monumentalen Eindruck kaum schmälern.
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jede Menge schöne Details
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Vor dem Platz des Himmlischen Frieden die ersten großen Tore, umgeben von 20 m dicken Mauern. Dieser erste Eindruck muss vor ein paar hundert Jahren Besucher schon komplett beeindruckt haben. Ich “schwimme” heute meist in einem wahren Fluss von Touristen und sehe an einem Tag in Peking mehr westliche Gesichter als in einem Monat bei der Reise durchs Land. Die Verbotene Stadt hat gigantische Ausmaße und demonstriert Größe und Stärke. Ich schaffe es den lauten Reisegruppen zu entfliehen und erkunde Nebengebäude sowie manch kleinen Garten. So verbringe ich fünf Stunden in der Kaiserstadt und nur der Regen kann mich letztendlich vertreiben. Sonntag zum Sommertempel, der Rückzugsort des Kaisers. Der riesige Park mit See wird bei dem schönen Wetter zwar von Besuchern praktisch überrannt, doch das schaffe ich irgendwie auszublenden. Im Park, wie es sich für den Kaiser nebst Gefolge gehört, alles vom größten, besten und schönsten. Keine Brücke in China hatte wie diese hier 17 Bögen, kein Wandelgang im ganzen Land war länger, kein Tempel schöner. Aus dem geplanten Kurzbesuch werden schließlich ganze sieben Stunden und mit den nötigen Fahrten durchs Stadtgebiet bin ich den ganzen Tag unterwegs.
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...hübsche Details...
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Montag nur kleinere Sachen. In schwül heißer Luft, über 30°C und dank Smog eine Dunstglocke die keinen Luftzug oder blauen Himmel zulässt, zum Himmelstempel, wo der Kaiser für eine gute Ernte opferte und betete. Hinterher quer durch die Stadt zum Olympiastadion. Das ist noch weiträumig abgesperrt und viele bekommen nur ein Foto mit Bauzaun drauf. Das ist mir zu wenig und ich suche so lange bis ich ein Trafohäuschen finde, von dessen Dach ich einen prächtigen Blick auf das “Vogelnest” habe. Anscheinend ist das verboten, denn keiner der zahlreichen Chinesen vor Ort traut sich mir zu folgen. Hinterher durch die Stadt streifen. Wundervolle Hutongs, kleine Tempel, nette Seen und Parks. Eben ein richtig gemütlicher Bummelnachmittag der auf dem Hügel nördlich der Verbotenen Stadt endet. Von da hat man einen genialen Blick über das Areal und ich bleibe lange sitzen
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Das Programm der letzten Tage war vollgestopft und ich bin langsam richtig müde, aber weiter geht es. Dienstag erneut früh aus dem Bett, suche ich in der morgendlichen Rush Hour nach dem richtigen Bus um aus der Stadt zu kommen. Das gelingt mit etwas Mühe. Eine Stunde später in Miyun, wo das Weiterkommen schon schwieriger wird. Die Taxis umgehend und durch die halbe Stadt laufend finde ich einen Kleinbus nach Simatai - zur Großen Mauer. Fast alle Besucher fahren nach Badaling, gleich nordwestlich von Peking, und erleben dort ein perfekt restauriertes Mauerstück mit allem touristischen drum und dran. Meiner Ansicht nach wenig aufregend, vor allem weil dort tausende von Leuten unterwegs sind. In Simatai ist das ganz anders. Die Mauer fast noch im Urzustand, Wachtürme sind teils halbe Ruinen, die Brustwehr entweder kurz vor dem Absturz oder bereits verschwunden und der Wall auf dem man läuft nötigt teils zu kleinen Kletterpartien. Dafür begegnen mir keine 30 Leute und echtes Entdeckergefühl kommt auf. Zwar läuft man “nur” auf einer 5 m breiten Mauer, aber die zieht sich beeindruckend über die Hügelkette und war mit den baulichen und transporttechnischen Mitteln von vor 1.000 bis 2.000 Jahren eine unvorstellbar große Leistung. Einzig das Wetter spielt nur bedingt mit, und der grau bedeckte Himmel entlässt manch Nieselregen. Einen halben Tag bin ich in Simatai und Jinshaling unterwegs bevor mich eine erneut abenteuerliche Reise zurück nach Peking bringt. Als emotional wichtiges Mitbringsel dabei: ein kleines Mauerstück, wahrscheinlich vor über 1.000 Jahren beim Bau verwendet.
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Müde und körperlich erschöpft quäle ich mich am Mittwoch 3 Uhr aus dem Bett, ein letzter Ausflug ist geplant. Ein Bummelzug bringt mich in vier Stunden nach Shanhaiguan. Nachdem ich bereits in Jiayuguan am westlichsten Ende der Großen Mauer war, treibt mich Neugier und Ehrgeiz zu sehen wie sie im Osten am Ozean endet. Die Festung nebst letztem Stück der Mauer (Der große Drachenkopf), die wirklich bis ins Wasser reicht, beeindruckt mit Größe und Stärke. Ein Wermutstropfen: die Altstadt von Shanhaiguan saniert man gerade komplett, wahrscheinlich für Olympia. Schade, ich wollte mir hier einen gemütlichen Tag machen. Aber so ist das gesamte Areal, mehrere Quadratkilometer, eine einzige Baustelle. An jedem Haus wird gebaut und die Straßen bestehen nur aus Staub und Dreck. Die mitgebrachte Badehose bleibt auch unbenutzt. Trotz heißem Tag verkneife ich mir die Abkühlung im Meer, durch den nahen Hafen sieht der Strand und das Küstengewässer ziemlich schmutzig aus. 12. Woche vom 22. bis 23. Mai 2008 Donnerstag lasse ich es in Peking ruhig angehen, stehe spät auf, kaufe ein paar Souvenirs und packe eher widerwillig meinen Rucksack. Am letzten Abend noch ein Besuch bei den Freunden im Quanyude. Die bereiten für mich ein wunderbares Essen mit Pekingente, wobei mir jeder bekannte Koch noch eine kleine Spezialität extra zubereitet. Ich kann mich heute durchzusetzen und darf die, allerdings gekürzte, Rechnung bezahlen. Freitag müde 6 Uhr aus dem Bett und zwei Stunden später im Flughafen. Einchecken, einsteigen, alles die übliche Prozedur. Nach acht Stunden gutem Flug in Helsinki umsteigen und 18 Uhr Ortszeit in Frankfurt/Main landen. Bei Hertz einen Opel Corsa mieten. Nach vier Stunden Autofahrt sinke ich gegen Mitternacht glücklich ins heimatliche Bett. Zu ausreichend Schlaf komme ich nicht, denn Samstag startet bereits am Nachmittag meine große Party in Lauenhain. Viele kommen, teilweise von weit her, und ich bin überglücklich solch eine Familie und solche Freunde zu haben.
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der Himmelstempel
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China, ein Nachwort Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. So könnte die Überschrift zu dieser Reise lauten. Der Plan sah vor mal kurz durch China zu reisen um in Tibet im Himalaya wandern zu gehen, und dann greift die große Politik ein und wirft alles über den Haufen. Letztendlich kann ich deswegen gar nicht traurig oder böse sein, denn das gab mir die Möglichkeit in alle Ecken des Landes zu reisen. Ich war im warmen und grünen Süden nah der vietnamesischen Grenze, in der tiefsten Schlucht der Welt am Yangzi, in tibetischen Regionen am 6.740 m hohen Kawa Karpo und dem noch schmalen Mekong, in den Wüsten und ihren Oasenstädten an der alten Seidenstrasse, im Labrang Kloster, am westlichen Ende der Großen Mauer in Jiayuguan genau so wie an deren östlichen Ende in Shanhaiguan, wo sie im Meer endet. Dazu heilige Berge, unzählige Tempel und die Verbotene Stadt. In den drei Monaten kam ich auf erstaunliche 16.000 Km Reisedistanz, wobei viele der langen Strecken per Zug und in der Nacht überwunden wurden. Das war aber meist recht bequem und ließ mehr Zeit für alles andere. Natürlich war die ganze Reise ein einziges Abenteuer. Sobald man die touristischen Hochburgen verlässt ist englisch Mangelware und ein Phrasebook mit den chinesischen Schriftzeichen immens wichtig, um sich wenigstens im Grundsatz verständlich zu machen. Am schwierigsten war es an verlässliche Informationen zu kommen, so manches Mal bekam ich ein unkommentiertes Kopfschütteln als Antwort. Trotzdem fand sich in der Not meist ein rettender Engel der mir freundlich weiter geholfen hat. Für mich wird diese Reise lange in Erinnerung bleiben, denn China hat landschaftlich wie auch kulturell einfach so viel zu bieten.
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