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2006 ist Kanada mein Ziel, eine eindrückliche Reise zwischen Atlantik und Pazifik, Zivilisation und Natur
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Neben an die Karte von Kanada mit eingezeichneter Reiseroute:
Es kamen in weniger als sechs Monaten mehr als 27.000 km auf den Strassen des Landes zusammen...
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1. Woche vom 9. bis 15. Mai 2006: Dienstag, nach einer problemlosen Fahrt erreiche ich den Flughafen Frankfurt/Main. Willkommen im modernen Zeitalter, dank E-Ticket checkt man mit der Kreditkarte am Automaten ein und druckt den Bordpass selbst aus. Gepäck abgeben, die üblichen Sicherheitskontrollen und schon sitze ich im Flieger nach London Heathrow. Im chaotischen Flughafen umsteigen und 15 Uhr wieder starten. Mein Sitz ganz hinten am Fenster, welcher mehr Platz nebst herrlichem Blick auf unsere Erde bietet. Ruhiges Wetter, häufig liegt der Ozean wie fein genarbtes Leder unter uns. 800 km vor der Küste von Labrador Eisberge. Tausende von weißen Punkten auf dem Meer, von weit oben so groß wie Konfetti. Die Küste von Labrador taucht komplett vereist auf, erst weiter im Landesinneren wechselt die Landschaftsfarbe von weiß zu braun. Pünktliche Landung in Toronto. Alles problemlos - bis ich zum Einreisebeamten komme. Zig Fragen, zig verlangte Erklärungen und das Durchwühlen vom Gepäck machen die Einreise zu einem Nervenkrieg. Gut das mein Englisch auf sicheren Füßen steht, sonst wäre ich wohl durchgefallen. Toronto: das gebuchte Hostel ist schnell gefunden, ein kleines, altviktorianisches Gebäude mitten in Chinatown. Schilder sind hier meist auf chinesisch und englisch, die Bewohner freundlich und multikuli. Sieht aus als gäbe es hier nur Ausländer und italienische, japanische, vietnamesische und griechische Läden liegen in trauter Nachbarschaft. In den ersten Tagen gewöhne ich mich ein und besorge mir: kanadisches Handy, mobilen CD-Player und Haarschneider, in Kanada läuft alles auf 110 Volt. Bei der Suche nach einem gebrauchten Auto taucht ein größeres Problem auf: die nötige Versicherung! In der Provinz Ontario zahlt man die höchsten Prämien im Land. Ein halbes Jahr kostet mich wenigstens 2.300 CAD (CAD - kanadische Dollar, rund 1.650€). Zu viel für mein Backpackerbudget. Nach Telefonaten und Gesprächen empfiehlt man mir in die nächste Provinz, Manitoba, zu gehen, wo das Ganze “nur” 600 CAD kostet. Also bei Air Canada einen günstigen Flug buchen den Plan vorerst auf den Kopf stellen.
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2. Woche vom 16. bis 22. Mai 2006: Wieder ist Dienstag, wieder fliege ich. Im europäischen Maßstab will ich von Berlin nach Moskau um dort ein Auto zu kaufen und damit nach Berlin zu fahren! Toronto bleibt im Regen zurück, Winnipeg empfängt mich zwei Stunden später mit Sonne und sommerlichen Temperaturen. Ich suche praktisch sofort nach einem Auto. Dienstag und Mittwoch der Besuch bei Händlern. Das frustrierende Resümee: zu teuer oder zu schrottig. Donnerstag der Versuch bei Privatleuten. Ab 10 Uhr bringt mich das hiesige Busunternehmen wie gestern kreuz und quer durch die Stadt. Am frühen Abend noch kein Ergebnis, doch zwei offene Chancen. Eine am Westende der Stadt, die andere im Nordosten. 21 Uhr bin ich John. Um es kurz zu machen: Der Handschlag nach einer halben Stunde. Ein 96er Chevy, etwas old-style, aber gut in Schuss und nur 130.000 km auf dem Tacho. Die Maschine ist mit 2.200 cm³ für hiesige Verhältnisse klein, womit ich auf einen niedrigen Benzinverbrauch hoffe. In Kanada sind wir bei 0,80 € für den Liter Benzin. Klingt wenig, aber vor zwei Jahren waren es noch 0,40 €. Der Kaufpreis bleibt im Budget: 2.900 CAD. Freitag will ich alles erledigen, doch Bank und Plastikgeld spielen nicht mit. John zeigt sich hilfsbereit und klärt mit mir den Papierkram nebst Versicherung. Den Rest schieben wir auf Montag. Kopf und Herz sind nun frei. So kann ich am Wochenende Urlauber sein Samstag Abend gehe ich aus, aber Winnipeg ist trotz seiner Größe ein Provinznest, wenig aufregend. Montag habe ich das Bargeld zusammen und wickle ich mit John alles ab. Wir verstehen uns und gehen noch gemeinsam essen.
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das ist John und mein Chevy
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3. Woche vom 23. bis 29. Mai 2006: Dienstag 6 Uhr geht die Reise richtig los. Gepäck ins vollgetankten Auto, raus aus der Stadt und rauf auf den Highway. Der ist schnurgerade und bald sehr einsam. Mit 90 km/h und Tempomat “rase” ich gen Osten. Der Chevy hat eine 3-Gang Automatic, so bin ich an der Ampel keineswegs der schnellste. Der Highway ist nicht mit unser Autobahn vergleichbar, ab und an kreuzt ohne Hinweis eine Straße, manchmal taucht plötzlich eine Ampel oder ein unbeschrankter Bahnübergang auf. Zum ersten Mal sehe ich einen dieser ellenlangen Züge und höre im Radio bald nur noch Rauschen. Im schönsten Sonnenschein vorbei an unzähligen Seen. Abends treffe ich nach 700 km Fahrt in Thunder Bay ein. Der Chevy läuft problemlos und braucht nur 7 Liter auf 100 km. Die Nacht in einem ruhigen Hostel vor der Stadt, das Willa gehört. Ich sitze gerade in einem ihrer drei gemütlichen Wohnräume. Mein Zimmer fühlt sich an wie ein Zuhause und kostet 20 CAD (1 € = 1,40 CAD, kanad. Dollar). Mittwoch durch die Gegend streifen, wobei außer dem Kakabeka Wasserfall wenig erwähnenswert ist. Am Abend erkunde ich mit Sigrid, einer deutschen Backpackerin, den Wald am Lake Superior. Nach zwei Stunden kennen wir die Biester hier, Moskito und Black Fly sind abartig. Sie geben keine Ruhe und holen sich erbarmungslos ihr Blut. Ich ähnle teils einem Streuselkuchen. Donnerstag 7 Uhr mit dem Auto weiter. Im Ouimet Canyon laufe ich über eine 200 m lange Hängebrücke Eintritt: 14 CAD. Es dauert sich daran zu gewöhnen das jeder Park Eintritt kostet. Weiter auf der Strasse. Bei schwülen Temperaturen, gut das das Auto eine Klimaanlage hat, 700 km am Lake Superior entlang durch Wald, Wald, Wald. Bei Pausen stets vor Ort: Moskitos. Die können einem den Tag draußen wirklich vermiesen, wobei es im Juni am schlimmsten sein soll. Abends die Ankunft in Sault Ste. Marie. 75.000 Einwohner, ein Hostel. Und was für eins! Frauen würde ich abraten da allein zu übernachten. In dem abgewohnten Hotel könnten manche Bewohner auch aus einem Psychothriller stammen. Die Zimmer uralt, aber sauber. Die Küche, mit dem alten zehnflammigen Herd von früher, ist abgeschlossen und für den Schlüssel muss man fast den Reisepass als Pfand abgeben
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Wider Erwarten war es eine ruhige Nacht. Sault Ste. Marie ist leider kaum sehenswert, auch nicht die Schleusen zwischen Lake Superior und Lake Huron. 12 Uhr weiter nach Osten. Die Sonne scheint und es ist heiß. 17 Uhr in Sudbury, 70.000 Einwohner. Kein Hostel, die B&B’s mit Anrufbeantworter rufen nicht zurück und das Internat der Uni hat zu. Ein Campingplatz hilft, ich kann auch ohne Zelt bleiben. Duschen nach dem Tag tut echt gut. Die Nacht im Auto kaum gemütlich, aber okay. Samstag erneut schönster Sonnenschein. Vormittag das Science North Museum in Sudbury. Nett, informativ und abgefahren, mit Ungeziefer in einer nie gesehenen Größe. Am Nachmittag ins 250 km entfernte Orillia, eine kleine Stadt zum Verlieben. Gut gelegen am Lake Simcoe, mit Strand, kleinen Restaurants und Bars. Mein Hostel ein altes Haus, die passenden Gastgeber aus Deutschland sind 1958 eingewandert. Das gibt was zu erzählen. Zum Schmunzeln: die Küche, außerhalb des Hauses, wird 21 Uhr abgeschlossen. Sonntag eigentlich am Strand faulenzen, aber Petrus spielt nicht mit. Wie unfair: wenn ich im Auto saß war bis jetzt immer das schönste Wetter. Montag die letzten 150 km bis Toronto. Wir haben wieder Kaiserwetter. Schwitzend treffe ich im bereits bekannten Hostel ein. Der Verkehr war trotz Großstadt erträglich. Nachmittag will ich meinen Freund Andreas mit dem ÖV vom Flughafen abholen, aber die streiken gerade heute. Also das Auto nehmen. Zurück erwarten uns neue Freunde im Hostel.
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4. Woche vom 30. Mai bis 5. Juni 2006: Ab heute bin ich vier Wochen lang mit Andy unterwegs. Bei 34°C Sightseeing in Toronto. Die Malls mit Klimaanlage als kleine Verschnaufpause. Die Stadt runter zum Hafen und dort mit der Fähre zu drei kleinen Inseln vor der Küste. Nett. Mittagspause im Schatten der Bäume, die Sonne brennt mörderisch. Im Lake Ontario, 400 km lang, bei 16°C Wassertemperatur anbaden. Weiter zum CN-Tower. Volle Höhe: 553m, die 1. Plattform bei 346m. Die Aussicht könnte klarer sein, dafür ist das Stehen auf dem Glasfußboden ein echter Nervenkitzel. Das reicht für heute. 20 Uhr mit Nils und Claudia beim Vietnamesen essen. Später eine Bar mit Live Programm: offenes Mikrofon. Wer will darf für zwei Lieder ran. Manche sind richtig gut, andere weniger. Ein witziger Abend der spät endet. Dienstag auf nach Süden. Das Wetter drückend warm. Zwei Stunden brauchen wir bis Niagara Falls. Im Hostel einchecken und gleich zu den Fällen. Die sind echt beeindruckend. Ich hätte sie mir lauter vorgestellt, aber sie sind mächtig. Zig Fotos machen, dann mit dem Schiff bis fast darunter. Trotz Plaste - Poncho eine nasse Angelegenheit, aber bei der Temperatur sehr angenehm. Danach laufen wir zu einem gigantischen Whirlpool stromabwärts. Abends gibt es im Hostel Burger vom Grill. Kurz pausieren und wieder zu den Fällen, die werde nachts farbig angestrahlt. Programmabschluss: durch die Neonstadt mit all ihren Casinos, Bars und Touristenfallen bummeln. Laut, bunt und amerikanisch.
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Aufbruch am Mittwoch, das Wetter grau und regnerisch. Über Toronto nach Nordosten, wo wir nach 400 km Fahrt in Kingston eintreffen. Nach heftigen Schauern wird es bei angenehmen 22°C wieder schöner. Das B&B auf dem ausgedienten Eisbrecher ist leider voll und das Hostel gibt es nicht mehr, trotz existierender Telefonnummer. Wir landen schließlich auf dem Campus in einer riesigen Studentenunterkunft, die man zur Ferienzeit vermietet. Großes Zimmer zu zweit, stolze 80 CAD die Nacht. Keine Küche, aber Frühstück inklusive. Beim Rundgang sehen wir die campuseigene Cafeteria, wo am Abend Schulgruppen essen, die heute auch hier schlafen. Ein Schwatz mit der Frau am Einlass, charmant wie man mich kennt, und wir sind kostenlos dabei. Hinterher ein Spaziergang durch Kingston. Hübsche Häuser und Kirchen aus Kalkstein, gebaut vor über 100 Jahren. Donnerstag ein all-you-can-eat Frühstück in der Cafeteria, diesmal offiziell. Hinter Kingston dann am St. Lorenz Strom mit seinen 1.000 Inseln entlang fahren. Wie definiert man hier Insel? Sie schaut das ganze Jahr aus dem Wasser und wenigstens ein Baum steht darauf. Gemütliche 200 km nach Ottawa, Hauptstadt von Kanada. Die reservierte Unterkunft: ein Gefängnis aus dem 19. Jh. Die Zimmer in original Zellen - mit Gitterstäben. Die engen Todeszellen nach wie vor im Keller, schon ein wenig gruselig. In der Stadt viele alte Gebäude, vor allem die Basilika ist überwältigend. Beim Besuch vom obersten Gericht von Kanada dürfen wir live eine Gerichtsverhandlung schauen. Am regnerischen Samstag sehen wir das Parlamentsgebäude von innen, den Senat und das Volkshaus. Dann ins Kriegsmuseum. Geschichte, Technik und das Auto von “Adolf” hält uns vier Stunden bei der Stange.
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Ruhelos geht es am Sonntag weiter. Wetter: Sonne pur bei 25°C. Heute nur 200 km bis Montreal. Die Stadt entpuppt sich als Auto feindlich. Sperrungen, Umleitungen, keine Parkplätze. Der Weg zum Hostel wird zum Kampf. Am Nachmittag schlendern wir umher. Viel Autobahn, viel Beton. Selbst der Park Mount Royal, daher der Name “Montreal”, ist eher bescheiden, abgesehen von einem Treffpunkt für Hippies. Einige davon sind wahrscheinlich schon seit Jahren nicht clean. Am Abend finden wir einen kleinen Marktplatz mit Künstlern und netten Bars. Montag Montreal total. Die Sonne brennt mit 30°C vom Himmel und wir geben alles. Hafen, Quartier Latin, Olympisches Stadion und schließlich Downtown, um ein Stockwerk tiefer die Stadt unter der Stadt zu sehen. Verbunden durch breite Gänge voller Restaurants, Läden und Leben führen hier mehr als 30 km Wege von einem Hotel und Kino zum anderen. Stark. Der späte Ausflug zum Hafen wird zur Show. Das Lichtermeer in allen Farben zeigt eine Skyline von neu und alt. Trotz alledem finden wir Montreal insgesamt nicht so aufregend wie die anderen großen Städte hier.
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Quebec, das Chateau
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5. Woche vom 6. bis 12. Juni 2006: Dienstag: Hitze, Sonne und 300 km langweilige Autobahn. Das Auto läuft wie am Schnürchen. Quebec: ein alter, aufregender Stadtkern mit kleinen Straßen und Gassen. Unsere Unterkunft liegt mitten drin, was Fahren und Parken schwierig macht. Das Hostel Klasse, fast schon ein Hotel, nur die Küche bietet wenig. Die Stadt? Der Hammer. Wir vergeben beim Bummeln durch die Gassen Höchstnoten. Wie in Frankreich: kleine Läden und Cafes, dazu Kunst und Künstler überall. Die alte Zitadelle thront über der Stadt, wie auch das präsente Chateau. Leider wechselt am Mittwoch das Wetter. Kalter, starker Wind pustet Wolken wie D-Züge über den Himmel. Wir bleiben unbeeindruckt, schlendern durch die Stadt, den Hafen und den riesigen Park. Einkauf im Supermarkt: unglaublich, das günstigste Dosenbier ist “Wernesgrüner”, made in Germany. Ein Wort zum Alkohol: Bier gibt es mit Ausnahme der Region Quebec nur im Beerstore. Im Pub hat man am Tresen meist die Wahl zwischen acht gezapften Bieren. Der halbe Liter (ein Pint: 460 ml) schlägt heftig mit rund 6 € zu Buche. Zurück zur Reise. Eine schlechte Wettervorhersage mit Regen und niedrigen Temperaturen verleitet uns dazu die nächsten beiden Tage viel Strecke auf dem Highway zu machen.
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Donnerstag ein Abstecher zum Montmorency Wasserfall, nordöstlich von Quebec. Dann 700 km Strasse, wie versprochen mit stürmischen Wind, Schauern und Nebel. Am Abend in Fredericton, das Hostel nett und fast leer. Freitag nach Nova Scotia. Das Wetter unverändert. Ein Halt in Moncton, Touristenfalle Magnetic Hill: ein Hügel sieht aus als führt er bergauf, man rollt aber bergab. Die bestimmt interessante Bay of Fundy wollen wir auf dem Rückweg bei hoffentlich besserem Wetter besuchen. Auf Nova Scotia wird das Wetter besser und zeigt eine sehenswerte Landschaft mit Hügeln, Bergen und sattgrünen Wäldern. 470 km nach Fredericton treffen wir in der Provinzhauptstadt Halifax, 100.000 Einwohner, ein. Das Wetter wieder grau in grau. Ich will dann nur noch essen und schlafen. Bei der Autoversicherung bin ich als einziger Fahrer eingetragen und muss deshalb immer fahren. In den 18 Tagen seit Winnipeg waren das 4.800 km. Da ist eine Pause nötig, wozu sich die nächsten zwei Tage anbieten. Das Wetter bleibt mies und neben kurzen Spaziergängen hängen wir im Hostel ab. Lesen, PC und Fußball WM im TV. Die Hoffnung auf besseres Wetter hält uns bei Laune. Montag 8 Uhr der Neustart. Ein grauer Himmel, aber nach 30 km erste Wolken Lücken. An der Küste entlang nach Süden. Malerische Fischerdörfer wie Peggys Cove oder Lunenburg sind eine Pause wert, wie auch der Kejimkujik Provincal Park mit seinen Stränden. Inzwischen strahlend blauer Himmel. Abends treffen wir nach 400 km in Yarmouth ein. Das Hostel sieht von außen ziemlich heruntergekommen aus, entpuppt sich aber als kleines Juwel.
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6. Woche vom 13. bis 19. Juni 2006: Dienstag, Sonnenschein. 9 Uhr sind wir bereits raus aus der Stadt. Die Orte hier gehen ohne sichtbare Grenze ineinander über. Ein Ortskern ist kaum erkennbar, meist liegen die Grundstücke an der Strasse, mit 50 bis 800 Metern Abstand zwischen den Häusern. Kein Zaun, überall perfekt gemähter Rasen. Die Wohnfläche scheint häufig nur 60 m² zu betragen. Wenige Häuser sind größer, dafür aber alle schön bunt. Bei Digby abbiegen und fast die ganze Strecke auf einer immer schlanker werdenden Halbinsel wieder zurück fahren. Zwei mal hilft die Fähre weiter, dann sind wir in Westport auf Brier Island, 7 km lang und 3 km breit. Im Dorf die Tanke, Supermarkt, Baumarkt und Cafe in einem. Unser Hostel ein Kleinod. Beim Check-in plötzlich Zeitdruck, die gewünschte Walbeobachtungstour startet in 15 Minuten. Rechtzeitig sind wir auf dem kleinen Schiff, das mit 30 Touristen nur halb voll ist. Mit der Entfernung vom Land wird es trotz Sonne kälter. Nach einer Stunde: Wal voraus. Ein Buckelwal, 15m lang, taucht auf. Herrlich. Auf dem Schiff bricht die Fotomanie aus. Wir folgen dem Wal eine halbe Stunde, sehen ihn öfters auf- und abtauchen. Der Kapitän versucht noch eine weitere Stelle. Dort nach längerem Warten erneut der Ruf: Wal voraus. Diesmal sind es sogar drei Buckelwale, die manchmal nur fünf Meter neben dem Schiff schwimmen. Genial. Nach vier Stunden sind wir zurück im Hafen. Im Hostel sind wir die einzigen Gäste und essen auf der großen Terrasse im Sonnenschein. Mittwoch wollen wir ausschlafen, nur weckt uns das Nebelhorn vom nahen Leuchtturm. Also auf und die Insel erkunden. Der Weg entlang der Küste beschwerlich und kaum aufregend, trotzdem vergeht der halbe Tag. Nachmittag sehen wir in einer Bucht mit welcher Macht hier die Gezeiten wechseln. Zwischen Ebbe und Flut liegen mehr als zwei Meter Wasserhöhe. Da ist viel in Bewegung.
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Donnerstag um 6 Uhr auf und los. Gute Wettervorhersage, doch die Tatsache ist nur nass. 50 bis 70 Liter Regen pro m², dazu ein halber Sturm. Wir fahren nördlich in Küstennähe bis Pictou. Die 500 km schaffen wir ohne große Pause. In Pictou das etwas andere Hostel. Etwas schmuddelig, alt und mit dem Geruch von fünf Katzen. Auf den Tisch kommt Chili con Carne, denn EIN sauberer Topf ist zu finden. Tags darauf hat der Wetterbericht recht: starker Wind, aber keine Wolken. 10 Uhr sitzen wir im Auto und fahren 350 km nach Cape Breton Island, ganz im Norden von Nova Scotia. Bei schönem Wetter lassen wir uns Zeit. Die Landschaft, mit zerklüfteter Küste und steilen Klippen, ist sehenswert. Wir bleiben im kleinen Fischerdorf Pleasant Bay. Ein schönes Hostel da, toll gelegen. Abends treffen wir am kleinen Hafen einen Fischer. Der macht uns Hoffnung für morgen. Samstag 3.30 Uhr der Wecker, eine Stunde später sind wir am Hafen. Es dauert nur Minuten, bestimmt wurde er von seinem Kollegen vorgewarnt, und wir stehen bei Kapitän Bernard und seinem Fischer Joseph an Bord. Das Abenteuer: Hummer fangen. Gut, wir schauen nur zu, ungelernt wären wir den beiden nur im Weg. Wir sind aber live dabei wenn die rund 300 Reusen an Bord gehievt, die Hummer herausgeholt und die Fallen neu bestückt werden. Kein toller Fang heute, nach dem gestrigen Sturm war das absehbar. Gegen Ende holen wir ein Netz mit 400 kg Heringen ein. Der wird als Köder verwendet, ist als Speisefisch hier nichts wert. Zum Schluss darf ich ans Steuer und bringe das Schiff in Richtung Hafen. Beim Abschied 14 Uhr bekommen wir zwei Hummer mit, unser Abendessen. Bei einem späten Spaziergang sehen wir überraschenderweise noch einen Buddhatempel.
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Hummerjagd mit Reusen
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Sonntag sind wir im Cape Breton Highland National Park. Eintritt: 7 CAD pro Person und Tag. Die Nummern der Eintrittskarten, A5 groß, werden mehrfach notiert. Damit dürfen wir die Wege nutzen, die im Park mit 950 km² nur 80 km in Addition betragen. Ein durch-den-Wald-gehen ist fast unmöglich, dafür ist der Bewuchs einfach zu dicht. Besondere Tierwelt: der kleine Stock auf dem Weg entpuppt sich als Schlange und wir begegnen einem riesigem Moose (Elch). Im Laufe des Tages sehen wir Fishing Cove, Benjis Lake und den Skyline Trail. Das waren 25 sehenswerte Kilometer. Was stört: da sind wieder meine Zahnprobleme. Seit Freitag wackelt die Krone des mir nur all zu bekannten Zahnes. Dentisten gibt es hier keine, also warten und hoffen das sich nichts entzündet. Montag ein früher Aufbruch. Bei herrlichem Wetter genießen wir die letzten Stunden auf Cape Breton Island. Am Nachmittag treffen wir nach 500 km in Moncton ein. Wir kamen auf dem Weg nach Nova Scotia hier durch, hatten da allerdings schlechtes Wetter. Heute trotz Sonne erst zur Tourismusinformation um einen Zahnarzt zu finden. Die junge Frau dort hilft gern, nur bekomme ich nirgends einen Termin. Eine Notfall Hotline will sich bemühen innerhalb eines Tages einen freien Zahnarzt zu finden. Also Hostel suchen. Der "C’mon" Backpacker ist zwar ein altes Haus, aber mit total sarniertem Innenleben. Als Gastgeber zwei engagierte jungen Leute, das passt. Ganz nebenbei liegt gleich um die Ecke die “Lutz”-Street, witzig.
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7. Woche vom 20. bis 26. Juni 2006: Dienstag. Sonnenschein und 25°C. Ein Anruf am Morgen: Zahnarzttermin! Ergebnis: Nichts entzündet, die Krone befestigt, die fälligen 110 CAD mit Kreditkarte beglichen. Nun ist mir wohler. Ab ins Auto und 40 km südlich zur Bay of Fundy. Da kann der Unterschied zwischen Ebbe und Flut 12m betragen. Weltrekord! Bei Ebbe läuft man auf dem trockenen Grund des Ozeans. In der Nähe der Hopewell Rocks lohnt sich das, da hat die Natur eigentümliche Felsformationen geschaffen. Einige sehen aus als würden sie bald umfallen. Toll, nur das Wetter ärgert. In Moncton blauer Himmel und Wärme, hier graue Wolken und kalter Wind. Auf kurzer Strecke sank das Thermometer um 10°C. Nach zwei Stunden zurück und 20 km weiter erneut strahlend blauer Himmel, 25 °C. Erklären kann uns das keiner. Mittwoch zeitig los. Gutes Reisewetter. Nach 840 km sind wir platt. In Quebec sind beide Hostels voll, doch wir finden 30 km nördlich im Wald ein schönes Blockhaus unter Schweizer Führung, halb B&B, halb Hostel. Ruhe und gesunde Luft garantiert. Donnerstag lange frühstücken. Wir kommen erst 10 Uhr los und stehen bei Montreal länger im Stau. Die Zeit wird knapp, denn unser Ziel liegt im Niemandsland hinter Ottawa. Nach 650 km finden wir mitten im Busch das Esprit Hostel. Handy Empfang gleich null, dafür eine tolle Lage am See. Wir essen 22.30 Uhr. Diese rasende Reiserei strengt an. Freitag klingelt der Wecker 6.30 Uhr. Heute sind wir beim Rafting und bezwingen den Ottawa River im Laufe des Tages auf verschiedenen Kanälen. Mitten drin: Stromschnellen, 5m hohe Wasserfälle, Klippenspringen usw. Bei Sonnenschein erfrischt der Kontakt mit dem Wasser. Zwischendurch tauchen wir beim surfen an einer Welle komplett ab und vier von uns neun spült es aus dem Raft. Cooler Tag, und mit unserer Mannschaft macht es richtig Spaß. Wir trennen uns am Abend nur ungern vom Ort und den Leuten, aber der enge Zeitplan schreibt uns weitere 230 km vor.
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unser Raftingteam
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Am Eingang vom Algonquin National Park ist unser nächstes Ziel das Hostel Wolfs Den. Dessen Blockhäuser liegen verstreut im Wald, offenes Wohnen. Wir bekommen das heute kaum mit. Ich sage nur: MÜDE. Samstag Sachen für einen besonderen Trip packen und im Algonquin Park (14.000 km²) zum Campingausrüster Portage Store. Der vermietet uns Karte, Kanu und Zelt. Ins Boot und los. Unter einem tiefblauen Himmel paddeln wir in die Wildnis. Im Park gibt es mehrere hundert Seen, teils mit Kanälen verbunden, teils mit Tragestrecken fürs Kanu. Die wenigen Touristen verlaufen (verkanuen?) sich bald und wir sind allein in der Natur. Ein Traum. Stille, ruhiges Wasser und manches Tier. Wir sehen Moose, Biber, Schildkröte und leider unzählige Moskitos. Die Viecher sind die Härte. Sobald man anlandet stürzen sie sich förmlich auf einen. Selbst böse Chemie hilft da nur zum Teil. Am späten Nachmittag wählen wir einen Campingplatz auf einer kleinen Insel. Die Stellen sind markiert, haben Platz für maximal neun Zelte, und bieten nur eine Feuerstelle. Wenn wenig los ist, so wie heute, hat jede Mannschaft ihren eigenen Platz. Zelt aufbauen und Feuerholz sammeln. Andreas geht Fischen und erwischt sogar ein paar, leider zu klein. Also gibt es Grillwürste am offenen Feuer. Im Schlafsack liegend unterhält uns die Natur. Manche Vögel sind echte Krawallmacher, was bei dieser Stille auffällt. Es ist so ruhig, das die Flügelschläge der größeren Vögeln beim Vorbeiflug zu hören sind. Sonntag. Aufstehen und die Natur genießen. Das Wasser glatt wie eine Spiegelfläche. Wir paddeln bis zum späten Nachmittag durch den Park, treffen dabei mehr Moskitos als Menschen. Das tut dem Spaß keinen Abbruch, wir sind hart im Nehmen (ha, ha). Nach 30 km Paddeln geben wir die Ausrüstung ab und treffen kurz darauf erschöpft im Hostel “Wolfs Den” ein. Das war ein geniales Wochenende! Montag fällt es schwer aus dem Bett zu kommen, doch auch heute steht ein Plan. 11 Uhr sind wir auf dem Highland Trail im Algonquin Park, der 30km durch den Wald führt. Immer dabei: Moskitos. Trotz langer Sachen, Moskitonetz und Gifteinsatz geben sie keine Ruhe. Wir erschlagen heute mehr als 200 von ihnen. Erschlagen sind auch wir nach acht Stunden wandern.
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8. Woche vom 27. Juni bis 3. Juli 2006: Dienstag großes Packen. Graue Wolken am Himmel und Schauer. Kühler wird es nicht, nur schwüler. 16 Uhr setze ich Andreas am Flughafen in Toronto ab und bin nun wieder allein unterwegs. In Toronto die Nacht im bekannten Hostel. Fühlt sich an wie nach Hause kommen. Die Strassen, das Hostel, alles bekannt. Das Treffen mit Nils und Claudia endet erst 2.30 Uhr. Mittwoch 6 Uhr raus, die Flatrate vom Parkplatz endet. Ausweichplatz wird ein Hinterhof, wo ich das Auto nie über Nacht stehen lassen würde. Die frühe Stunde nutze ich für Büroarbeit und werde Mitglied bei Wwoof. 12 Uhr die Stadt verlassen. Der Himmel glimmt gelb durch Hitze und Dreck, Smogwetter. Nach 300 km erreiche ich Wolfs Den und will erst mal kein Auto mehr fahren. Das Reisetempo war hoch, die Strecken lang. Aber Kanada ist nun mal riesig und ich wollte mit Andreas was sehen und erleben. Am Freitag 11 Uhr in einer Kneipe Fußball WM schauen. GER - ARG, immerhin gewonnen. 16 Uhr auf nach Westen. Die Strecke zieht sich. Nach 600 km gegen Mitternacht in Sault Ste Marie drei Stunden im Auto schlafen. Der Morgen mit Regen und Nebel. Mittag in Thunder Bay, anstrengende 1320 km sind Geschichte. Warum die lange Etappe? Die Strecke ist bereits bekannt und es gibt kein gutes Hostel am Weg. 1. Juli: Canada-Day. Es wird gefeiert was das Zeug hält, überall kanadische Farben und Flaggen. In der Stadt viel Programm und nachts ein großes Feuerwerk. Trotz Müdigkeit bin ich dabei. Der 1.07.2006 ist für das Land ein Meilenstein. Die GST (Teil der MWST) sinkt von 7% auf 6%. Nicht viel, aber welches Land senkt die MWST. Sonntag Nachmittag fahre ich mit Jens, ein deutscher Backpacker, zum Pow Wow, dem Tanzfest der Indianer. Wer will kann zum Klang der Trommeln mittanzen. Montag nehme ich Jens im Auto mit ins 700 km entfernte Winnipeg. Kühles Wetter, das ist uns recht. Zu zweit ist das eine kurzweilige Reise, und wir sind mit Uhrdreherei an der Landesgrenze von Manitoba um 16 Uhr in Winnipeg.
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Schulbus, unverwüstlicher Klassiker
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9. Woche vom 4. bis 10. Juli 2006: Dienstag erholt aufwachen. Beim Chevy steht ein Ölwechsel an. Midas ist so was wie Pit Stop in Deutschland. Die 30 CAD für Arbeit und Material sind billig, nur sollte man das in Kanada alle 5.000 km machen. Grund: die Motoren sind schlechter als in Europa und Normalbenzin hat miese 87 Oktan, Super Clean gerade mal 91 Oktan. Midas prüft den Chevy, beruhigend das sie wenig finden. Der Auspuff sollte noch 15.000 km halten und die Flüssigkeit der Servolenkung sieht etwas trüb aus. Nachmittag schaue ich mit Laura und Jens Fußball in einer Sport Bar, wo um 14 Uhr an einem Arbeitstag nichts los ist, Fußball spielt hier keine Rolle. Schade das Deutschland verliert. Mittwoch will ich früh los, helfe aber erst Jens, dem sie das Rad geklaut haben. Hinter Winnipeg beginnt die Prärie und damit das flache Land. Und wie flach! Hiesiger Witz: Läuft einem der Hund weg, sieht man ihn drei Tagen später noch immer. Die Strassen sind wie mit dem Lineal gezogen, Hügel kaum 20 m hoch. Ein entspanntes Fahren bei wenig Verkehr. 200 km hinter Winnipeg zum Spruce Woods Park. Eine Wüste macht sich hier breit, mit Dünen, Sand und Kakteen. Ab und an taucht wegen Lehmschichten aus dem Nichts ein Teich oder Bach auf, das gefällt. Danach wieder der Highway. Der Himmel nun ein undefinierbares Weiß. Drückend schwül, unangenehm. Die 600 km bis Regina dauern. Vorteil: die Uhr an der Grenze zu Sasketchwan rückwärts drehen, die haben keine Sommerzeit. 19 Uhr im Turgeon Hostel, ein hübsches Haus mit Flair. Nur fünf Gäste da, das zeigt wie beliebt die Gegend ist. Regina tut man damit Unrecht, zum Beispiel liegt mitten in der Stadt ein großer Park. Donnerstag ein ruhiger Morgen, die dunklen Wolken verziehen sich bald. Ich besuche die RCMP, Royal Canadian Mountain Police, mit den einprägsamen roten Uniformen. Ihre Geschichte begann hier in Regina. Mittags zeigen sie einen Teil ihres Drills, leider in Trainingssachen statt der Uniform. Den schönen Nachmittag verbringe ich am städtischen See, unterbrochen von einer interessanten Führung im Regierungsgebäude.
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mal was anderes...
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Freitag ein tief blauer Himmel und 34°C. Mittag ein Ausflug nach Moose Jaw. Früher ein wichtiger Eisenbahn Knotenpunkt, liegt das Geheimnis im Untergrund: in Tunneln und Kellerräumen hausten einst Chinesen, auf offizielle Papiere wartend. So wie jedes Land hat auch Kanada seine dunkle Vergangenheit. Später versteckte sich Al Capone hier. Uns Touristen zeigen Laiendarsteller recht professionell bei einer Führung wie das war. Tolles Erlebnis. Nachts in den Habano Club von Regina. Der ist super und ich finde den Glauben an die kanadische Frau zurück. Sie sind doch schlank und können sich bewegen. Gute Musik, nur poppige Country-Songs verblüffen. 2 Uhr Schmuserunde, dann ist Polizeistunde. Samstag Aufbruch nach Norden. Bald fahre ich auf Nebenstrassen und habe Zeit die Gegend zu genießen. Das Land ausgesprochen flach. Trotzdem oder gerade deshalb hat es seinen Reiz. So als hätten Gedanken wie die Landschaft keine wirkliche Grenze. Alles weit, nichts unterbricht. Kräftige Farben in Grün, Blau, Weiß und Gelb. Ab und an alte, hohe Kornspeicher, die man von weitem sieht. Nach 95 km schnurgerader Strasse eine Pause in Manitou Beach, ein kleiner See mit einer höherer Konzentration an Salz und Mineralien als im Toten Meer. Einfach im Wasser auf den Rücken legen und schwerelos fühlen. Der Abend in Saskatoon: Essen gehen, Stadtbummel, Parken am Fluss. Auch heute gehe ich aus. Die Stadt ist größer als Regina, aber dörflicher. 70% der Frauen wiegen (viel) mehr als ich. Die Musik grauenhaft. Bald verlasse ich die Disco wieder und liege schon kurz nach Mitternacht schlafend im Auto.
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Sonntag bin ich der Erste im Wanuskewin Park. Dort ein beeindruckender Film vom Leben der Indianer ohne Schnörkel, dafür mit viel Spirit. Sonst bietet der Park allerlei Kleinigkeiten. Rechtzeitig bin ich in einer schottischen Kneipe um Fußball zu sehen. Finale! Ein tolles Spiel, trotz falschem Sieger und der Sache mit Zidan. 15 Uhr verlasse ich Saskatoon unter brennender Sonne. Ab Northbattleford kaum noch Verkehr und Häuser. 100 km lang nur Wald und Wiese. Nahe Meadow Lake taucht die Farm von Newton und Kelly auf. Da bleibe ich eine Woche und will durch wwoofen Geld für Kost und Logis sparen. Beim gemeinsamen Essen beschnuppern wir uns und gehen später über einen Teil des Grundstückes. Montag fängt Kelly ein Reitcamp für Kinder an und Newton hat letzte Nacht den Holztruck gefahren, also beschäftige ich mich vorerst selbst. Später einige Reparaturen mit Newton, Einkauf in Meadow Lake, Zeltaufbau für die Kinder und ein Rundgang um nächste Aufgaben zu besprechen. Die Farm scheint typisch für Kanada. Riesig, viel Arbeit mit Pferden und Rindern, Kleinigkeiten und “Dreckecken” bleiben da liegen. Das Leben ist bei nur 100 frostfreien Tagen im Jahr hart und das Geld knapp. Da helfe ich gern und schaue nicht auf die Stunden.
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10. Woche vom 11. bis 17. Juli 2006: Dienstag Start 7 Uhr. Ich grabe einen alten Torpfosten aus, warte alle Autobatterien, schneide einer Eisentonne den Deckel ab um sie später als Müllverbrennungsanlage zu nutzen, reinige den großen Pferdetrailer usw. Bei der Sonne ein harter Job, nur durch kurze Pausen unterbrochen. Am frühen Abend laufe ich über das Grundstück und vermerke wo Zäune repariert werden müssen und was wir dafür brauchen. Mittwoch, erneut tolles Wetter. Ich lerne Traktor fahren und bringe mit Newtons Hilfe den neuen Torpfosten an Ort und Stelle. Das gestern gefundene Zaunmaterial, 4 m lange Balken und 3 m lange Bretter, einsammeln und erste Zaunfelder reparieren. Abends die Pferde satteln. Kelly gibt mir einen Crashkurs im Reiten und das zahmste Pferd vom Hof. So treibe ich mit Kelly und Emma eine Kuhherde zum See. Wie richtige Cowboys mit Hund, rum pfeifen und Kühe anbrüllen. Ist einfacher als gedacht - wenn man das mit Profis macht. Die Szenerie wie im Film: der Himmel dramatisch, mit Donnergrollen vom entfernten Gewitter samt Regenbogen, das Heulen der Kojoten und ich auf einem Pferd. Donnerstag. Angesagt war Regen und Abkühlung, aber da sind blauer Himmel und 32°C. Für Kelly setze ich zwei neue Pfosten am Sattelstall. Morgen kommt eine Querstange drauf, dann sieht das Ding aus wie vor dem Westernsalon. Ich helfe mit den Pferdetrailern und sammle mit dem Pick-up Werkzeug und Baumaterial vom Grundstück ein, wobei mich nur der Allradantrieb vom Stecken bleiben bewahrt. Dann den Torpfosten vollenden und das 4 m lange Tor ohne Hilfe einsetzen. Später koche ich für alle und genieße den Feierabend mit Sonnenuntergang. Die sind hier sehr lang. Am Horizont versperren weder Berge noch Hügelketten das Licht und es bleibt bis nach 22 Uhr hell. Dabei macht Saskatchewan nicht mal bei der Sommerzeit mit! Das Farmerleben wäre auf Dauer nicht mein Ding, aber für die begrenzte Zeit hier ist es wunderbar. Die Landschaft, die Leute, der Job, das alles passt.
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Freitag wieder Zäune. Gegen Mittag kurz mit Emma in der 25 km entfernten Stadt und mehr Reparaturen. Spät am Nachmittag packen wir die Ausrüstung für morgen. 20 Uhr grillt Mr. Brown, ein hier lebender Rentner, Hamburger und Kelly gibt mir für die gute Arbeit ein Bier aus. Samstag klingelt der Wecker 4 Uhr. Toller Sonnenaufgang. 6.30 Uhr haben wir gefrühstückt, die Tiere versorgt und sechs Pferde im Hänger verladen. Zwei Stunden später sind wir in Cold Water Lake, wo heute eine Pferdeshow stattfindet. Über 100 Leute werden erwartet, wobei wir schon zehn sind. Zuerst die Kleinen mit der Dressurprüfung, dann die Größeren mit immer schwereren Parcours. Ein interessanter, sonniger Tag. Ich bin der Fotograf, mit Spiegelreflex und Digicam. Dabei viel mit den Leuten vor Ort unterhalten. Spät nach Hause. Kelly ist müde und so fahre ich den großen Pick-up mit sechs Pferden im Hänger. 22 Stunden waren wir auf den Beinen. Sonntag der Wecker 9 Uhr. Es regnet also erst 10.30 Uhr aufstehen, da schlafen außer Kelly und Marylin noch alle. Ich wasche einige Sachen und putze die Küche. Langsam tauchen die anderen auf und die Sonne kommt raus. Spät Mittag, dann mit zwei Autos zum Makwa Lake, wo Verwandte ein Wochenendhaus haben. Schlüssel sind unnötig, keiner sperrt hier Haus oder Auto ab. Ein sprichwörtlicher Sonntag. Spaß haben, abspannen, rumalbern. Bin erholt, trotz der vielen Arbeit diese Woche. Für einen Wwoofer sind 25 Stunden normal, bei mir waren es 60. Doch das war freiwillig und mir fällt der Abschied schwer. Montag sind beim Abschiedsfoto leider noch nicht alle wach. Die ersten 200 km auf fast leeren Landstrassen, schnurgerade auf flachem Land. In Edmonton treffe ich die hübsche Tochter von Kelly und bringe ihr Post von Mama. Sie wohnt außerhalb und lädt mich ein, doch das Hostel ist gebucht sowie einiges in der Stadt zu erledigen.
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die gigantische Edmonton Mall
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11. Woche vom 18. bis 24. Juli 2006: Dienstag bummeln, das Regierungsgebäude anschauen, Edmonton ist die Hauptstadt der Provinz Alberta, sowie Wanderschuhe und Campingsachen kaufen, im hohen Norden gibt es nur wenige Hostels. 21 Uhr Abendessen. Im Hostel sind kaum Reisende da, nur Männer die bei den zahlreichen Öl- und Gasfirmen einen Job suchen. Arbeit ist wohl knapp, die ziehen alle ein Gesicht. Dabei hat Alberta fast Vollbeschäftigung. Mittwoch zur West Edmonton Mall, ein Gigant mit 500.000 m². 800 Geschäfte unter einem Dach, mit 30 Schuhläden, 26 Kinosälen, Schwimmbad mit 17 Rutschen, Eisarena (auch im Sommer!), Unterwasserwelt, Funpark mit Achterbahn usw. Erstaunlich: neben der Mall gibt es trotzdem viele Geschäfte, sowie Fast Food Ketten, auch drei Mal die Gleiche nah beieinander oder an einer Kreuzung gegenüber. Das prägt Essgewohnheiten. Im Supermarkt reihenweise Gefrierschränke mit Fertiggerichten nebst Auswahl an Dressing und Flaschensauce das mir schwindelig wird. Edmonton lasse ich dann in der Hitze des Tages hinter mir. Nach 250 km verändert sich die Landschaft. Unglaublich, bin aufgeregt wie ein Kind. Dann tauchen die Berge der Rocky Mountains auf. Am Eingang vom Jasper Nationalpark einen Jahrespass für die Parks der Gegend kaufen. Der rechnet sich nächste Zeit. Kurz darauf ein erster Hinweis das die Natur Vorrang hat. Rehe blockieren die Strasse als wäre es ihr Revier. Kein Wunder, durch den 200 x 400 km großen Park führen nur zwei Strassen. 70 km weiter liegt Jasper, eine kleine aber feine Touristenstadt. Mein Hostel 7 km auswärts. Interessant: Die Reise hat noch nicht mal Halbzeit und ich bin nur 10 Autostunden vom Endziel Vancouver entfernt. Der weitere Plan soll mich weit in den Norden, möglichst bis Alaska bringen. Die Zeit müsste reichen und im Norden sollte es angenehmer sein. Hier sind 35°C und Horden von Touristen unterwegs. Hostel in Jasper: tolle Leute, gute Gespräche, entspannte Atmosphäre, so anders als in der Großstadt. Donnerstag hinter dem Hostel rauf zum Mt. Whistler. Nach 1.200 Höhenmetern stehe ich auf dem Gipfel in 2.450 m. Herrlicher Ausblick, nur durch den Dunst der Hitze geschmälert. Nachmittags zum Pyramide Lake und abends am Lake Beaufort. Dort am Ufer sitzend schnitze ich einen Wanderstock und sehe den Tag gehen. Der See ganz still, wie ein Spiegel. Freitag ins Tal der fünf Seen, eine leichte Wanderung durch den Wald. Die Seen von einer grandiosen Farbe. Leuchtend blau, türkis und grün, das Wasser so klar das es fast weh tut. Am Nachmittag: blauer Himmel und 32°C, also auf zum klaren Bergsee mit Strand und Bikinis.
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Mt. Edith Cavell
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Samstag früh los und mit dem Auto 30 km weiter ins nächste Hostel am Mt. Edith Cavell. Dabei sehe ich meinen ersten Bären. 8 Uhr los wandern. Ein schöner, aber heißer Tag der mich bis zum Amethyst Lake bringt. Der Rückweg wird zur Tortur. Trotz der 2,5 Liter Wasser die ich mit hatte, leicht dehydriert. In den Nachrichten: 35,6°C, Hitzerekord. Kein Wanderwetter. 19 Uhr bin ich nach 45 km Laufen zurück. Das rustikale Hostel hat kein fließend Wasser, also zum nahen Gletschersee, 10°C kalt. Sehr erfrischend. Sonntag 6 Uhr auf und gleich zu den Wiesen am Mt. Edith Cavell. Sehe einige Tiere und ein nahendes Gewitter. Bin vor dem Regen zurück im Hostel und mache Frühstück. 10 Uhr zum Maligne Lake. Wetterbericht: heiß. Der Weg zum baumlosen Bald Hill wird anstrengend. Schöne Aussicht von oben, nur durch die Hitze zu diesig für tolle Fotos. Spät am Tag der Wechsel zum nächsten rustikalen Hostel. Kurz darauf bin ich am Maligne Canyon. Die 30 m tiefe, teils nur 3 m breite Schlucht mit tollen Farben. Montag früh starte ich nach Norden. Raus aus dem Jasper National Park, rauf auf den Highway 40. Den ersten Bären auf der Strecke verpasse ich fototechnisch knapp, zu schnell rennt er in den Wald. Ansonsten ist wenig Verkehr und die Berge sind westlich immer im Blick. Nachmittag schlage ich auf dem Musreau Lake Campingplatz mein Lager auf. Wird der erste Abend mit neuer Ausrüstung. Die Plätze hier liegen einzeln im Wald verstreut, also schaut mir keiner auf die Finger ;-).
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12. Woche vom 25. bis 31. Juli 2006: Dienstag blauer Himmel und der nächste heiße Tag. In Grande Prairie einkaufen und 130 km weiter in Dawson Creek ins Tourist Information Center. Neben Fakten und Broschüren gelingt ein Foto vom Kilometerstein “0” des Alaska-Highways. Das Wetter trübt sich ein und 200 km später fällt erster Regen. Gut nach der anstrengenden Hitze. Ich fahre bis zum Zeltplatz am Prophet River, wo man sich selbst registriert und 10 CAD in den Briefkasten legt. Freudig werde ich von zwei Wohnmobilen aus den USA und den Moskitos begrüßt. Kochen und Zeltaufbau ist Routine. 22 Uhr fängt es heftig an zu regnen. Nach einer Stunde erste Lecks im Zelt, kein Wunder bei einem Preis von 30 CAD. Umzug ins Auto. Ungemütlich, aber trocken. Mittwoch grauer Himmel. Im Zelt steht eine kleine Pfütze, nicht schlimm. Nur die Moskitos stürzen sich förmlich auf mich, also ohne Frühstück los. Es bleibt bei Regen. Die grauen Wolken hängen tief und versperren den Blick auf eine bestimmt schöne Gegend. Ab Summit Lake hält das Wetter, also auf einen nahen Gipfel steigen und die Landschaft anschauen. Bergab begegnen mir Bergziegen und junge Karibus ohne große Scheu. Nach 350 km am Muncho Lake mit seiner türkisen Farbe. Ich finde einen Platz zum Zelten und steige auf den nahen Hügel. Gute Aussicht, nur sehe ich auch den nächsten Schauer kommen. Kurz vor dem Auto saut es mich ein. Also: nasse Sachen, Regen und das Wissen das mein Zelt nicht hält, na toll. 21 Uhr eine Regenpause. Schnell kochen und essen. Währenddessen dramatische Bilder am Ende des Sees. Die Sonne zaubert einen Untergang der Sonderklasse. Es scheint trocken zu bleiben, also Zelt aufbauen. Es fängt noch an zu regnen, nur dringt heute glücklicherweise kein Tropfen ins Innere.
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der offizielle Kilometer “0” des Alaska Highway
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Donnerstag ein kühler Morgen. Erst spät schaut die Sonne über den Berg. 9 Uhr ein letzter Blick auf den malerischen See, dann volle Konzentration auf den Highway. Ein schöner Tag mit kurzen Stopps. Am Liard River laden heißen Quellen zum Bad ein. Die natürlichen Pools dampfen an einigen Stellen mit mehr als 40°C vor sich hin. Mehr Pausen an Fluss, Wasserfall und am Rand der Straße um Tiere zu beobachten. Dabei treffe ich freilaufende Bisons. Es verursacht ein Kribbeln wenn ein tonnenschwerer Bulle neben dem Auto steht. Sie sehen zottelig und gemütlich aus, sind aber wilde Tiere die mit einem kurzen Anlauf Kleinholz aus dir machen können. In Watson Lake ein lustiger Fotostopp: Irgendwann begonnen, ziert nun ein Schilderwald das Gelände. Dann wird die Strasse so langweilig das ich Fahrzeuge zähle. Auf 100 km: 17 PKW, 6 LKW, 5 Pick-up und 57 Wohnmobile/-wagen. Darum an jeder Ecke ein Wohnmobil Park. Bis Whitehorse trübt es sich ein und einige Schauer kommen runter. Ungewöhnlich, es sollte trockner sein. Freitag im Hostel Wäsche waschen, die Ausrüstung putzen und nach fünf Tagen ohne fließend Wasser große Körper Pflege. Im Informationszentrum hole ich mir Broschüren und Ideen. Samstag bei schönem Wetter nach Norden. Auf dem fast leeren Klondike Highway durch eine nette und dünn besiedelte Gegend cruisen. Die 540 km Strecke verbraucht den Großteil des Tages. Dann Dawson City, DIE Goldgräber Stadt. Unglaublich, das war vor 100 Jahren nach San Francisco die zweitgrößte Stadt im westlichen Amerika, auch Klein-Paris genannt. Heute ist der Eindruck eher deprimierend. Viele Häuser sind verfallen, der Highway die einzig geteerte Strasse und Fußwege selten. Der vielbeschworene Yukon hat durch Sedimente die Farbe von Abwaschwasser. Mein Hostel liegt auf der anderen Seite des Flusses, nur mittels Fähre zu erreichen. Es ist eine sehr einfache Unterkunft, ohne fließendes Wasser und mit einer überdachten Freiluftküche ohne nennenswerte Utensilien.
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typische Hausbauweise
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willkommen im hohen Norden
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Sonntag weiter nach Norden. Der Dempster Highway ist die ersten 6 km geteert, darauf folgen Schotter und Dreck. Man sollte langsam fahren, Plattfuß und Steinschlag drohen. Nach 100 km im Tombstone Territorial Park. Mein Ziel ist der Campingplatz am Klondike River. 3 km weiter führt ein Pfad rauf auf den Berg. Der Ausblick ins Klondike Tal ist genial. Weite, Stille. Zeit zum Durchatmen. Weitere 25 km im Auto bringen mich bei 65° Nord zum nördlichsten Punkt meiner Kanada Reise. Die Strasse führt noch bis Inuvik, aber das wären ganz harte 1.500 km auf Schotterpisten. Im Tombstone Park geht die Landschaft in arktische Tundra über, nur 1 m unter der Oberfläche beginnt der Permafrostboden. Die Baumgrenze ist scharf gezogen und nun dominiert “Wiese”. Allerdings eine vollkommen andere als daheim. Ein ganz eigenes Ökosystem, bunt, vielfältig und abstrakt. Man läuft darauf wie auf einem trockenen Schwamm. Montag. Nach der Hitze in den Rockies sind die 6°C nachts gewöhnungsbedürftig. Heute ein bewölkter Himmel nebst frischem Wind. Nach einer Bergwanderung die Fahrt ins Hostel bei Dawson City. Pluspunkt da ist die Privatsauna, sprich ein kleiner gefliester Raum mit Wasserfass und Ofen, eine umgebaute Eisentonne. Feuer machen, kurz warten und dann mit warmen Wasser rummatschen. Spät am Abend nehme ich die Fähre in die Stadt, wo mir zufällig Jens, bekannt aus Winnipeg, über den Weg läuft. Klar das wir ein Bier trinken gehen und die letzten Wochen Revue passieren lassen. Mitternacht gehe ich ins nördlichste Casino der Welt. Das hat noch den Charme der alten Goldgräberstadt, inklusive Cancan Gruppe. Ich habe Spaß am einarmigen Banditen, unglaublich wie lange man mit ein paar Dollar spielen kann. Kleine Gewinne lassen mich bis 2 Uhr verweilen. Draußen ist es um diese Zeit richtig dunkel. Das nur für eine weitere Stunde, dann kündigt ein Glimmen den neuen Tag an. Hoch im Norden sind die Sommertage lang, abends um acht steht die Sonne noch hoch am Himmel.
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13. Woche vom 1. bis 7. August 2006 Dienstag ein weiterer Tag im Auto. Hinter Dawson City führt der “Top of the World Highway” nach Westen. Die Steigungen auf die Bergrücken sind geteert, sonst nur Schotter. Ihren Namen verdient die Strecke, denn in einem leichten Auf und Ab zieht sich die Strasse über die Bergrücken. Schöne Aussichten, wenn auch selten spektakulär. Der Grenzposten nach Alaska winzig, das Visa für 6 USD reine Formsache. Die “Orte” nun Häuseransammlungen, wie Boundary oder Chicken. Die Strasse nervt, auf US Seite ist sie teilweise autotötend. Aufatmen, als nach 200 km Piste wieder Asphalt beginnt. Ein Schwenk auf den Alaska Highway Richtung Kanada. Trotz, oder gerade wegen der Asphaltdecke ist Vorsicht geboten. Unerfahren mit Permafrostboden wurde in den 40ger Jahren ohne eine gute Isolierung gebaut. Ergebnis: Auftauender Boden unter der dunklen Strasse, der bemerkenswerte Schlaglöcher und Bodenwellen verursacht. Trotz schöner Landschaft sollte man ein Auge auf die Verhältnisse voraus zu haben. Nach neun Stunden im Auto die nächste Grenze. Zurück in Kanada schlage ich bei Beaver Creek das Zelt auf
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drei Schilder auf dem Alaskahighway die immer wieder in der selben Reihenfolge auftauchen...
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Am Mittwoch bemerkenswert schönes Wetter. Südlich liegt der Kluane Nationalpark und ich blicke auf schneebedeckte Berge, deren höchster Gipfel, der Mt. Logan, 5.900 m in den Himmel ragt. Pause in Haines Junction, wo mir die Wettervorhersage Kopfzerbrechen bereitet. Aus den Möglichkeiten wähle ich Haines und die Fähre. Der Himmel bewölkt sich dann zeitweise und Schauer ziehen durch, trotzdem gehören die nächsten 200 km wohl zu den Schönsten in Kanada. Schneebedeckte Gipfel nebst grünen Tälern, dazu Sonne und Wolken im ständigen Wechsel. Bin tief beeindruckt. Kurz vor Haines führt die Strasse runter auf Meeresniveau. Ich passiere erneut die Grenze nach Alaska und komme in schlechtes Wetter. Für heute gab es genug zu sehen. Einem breiten Flussbett folge ich bis zur Stadt, wo die Strasse endet. Ein kleiner Stadtbummel durch Haines, dabei für Samstag ein Hostel buchen und auf einem nahen Campingplatz Abendessen kochen. Dann packe ich den kleinen Rucksack nebst Schlafsack für zwei Tage, schlafe kurz im Auto und bin morgens um 3 Uhr an der Fähre. Das Auto lasse ich in Haines.
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Nach etwas Schlaf wache ich kurz vor Juneau auf. Der Himmel grau, aber noch während wir in Juneau sind reißen die Wolken auf, zeigen Gletscher, Berge und zerklüftete Landschaft. Ich bin auf der Inlandpassage unterwegs, die durch Fjordlandschaft im Süden Alaskas führt. Prägend ist eine wilde Küstenlinie mit vielen Inseln, wobei dichte Wälder steil aus dem Wasser ragende Bergzüge bedecken. Ab und an gelingt der Blick auf ferne Gletscher. Die Orte hier erreicht man nur mit Flugzeug oder Schiff, deshalb die Fähre. Gemessen am Klima, mit 16 Regentagen pro Monat, erlebe ich einen schönen Tag. Die Sonne scheint kräftig und ich verbringe viel Zeit draußen. Fischerboote, kleine Fähren, Wale und andere Meerestiere ziehen vorüber. Am Nachmittag passieren wir die Narrows, wo sich die große Fähre teils nur 30 m neben dem Ufer durch ein Gewirr von Inseln schlängelt. Bär, Hirsch und Adler gehören zu den nächsten Tiersichtungen. Die Fahrt wird immer mehr zum Genuss. Ich bewege mich ohne was zu tun, sehe Landschaften vorüberziehen ohne Auto zu fahren oder zu wandern. Die Szenerie beruhigt und befreit unglaublich. 20 Uhr in Sitka, meine Umsteigestation. Leider liegt das Terminal 12 km außerhalb. Der Plan sah vor Sitka anzuschauen, doch ohne Nahverkehr ist das zu weit weg. Also ein Buch lesen. Im Gegensatz zu Haines schließt das Terminal aber um Mitternacht. Also doch zu Fuß in die Stadt. Nach 500 m keine Straßenlaterne mehr, stockdunkle Nacht. Nach 1 km bewegt sich etwas auf mich zu. Weil das Personal vom Terminal vor Bären gewarnt hat ist das der Moment wo mein Herz zwei Etagen tiefer rutscht. Auf Zuruf entpuppt sich die Gestalt aber als betrunkener Fischer auf dem Weg zu seinem Boot. Nach der halben Strecke stoppt eines der seltenen Autos und nimmt mich ins Zentrum mit, der Fahrer mit einem Becher Whisky Cola in der Hand... Hotels liegen nicht im Budget und es ist 2 Uhr morgens. So wird eine überdachte Bank am Hafen zum Nachtlager. Kühl, aber trocken.
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5 Uhr weckt mich der Lärm von Fischersleuten. Die Bank war recht komfortabel. Beim Sonnenaufgang leuchtet der Himmel über Sitka stark rosa, im warmen Schlafsack liegend eine tolle Show. Ein Laden bietet trotz der frühen Stunde schon Frühstück an. Der Stadtbummel fällt dann wegen Schauern aus. Per Anhalter komme ich trocken zur Fähre, die 10 Uhr nach Haines startet. Regen, Nebel und tiefe Wolken vermiesen bald den Ausblick. Also lesen, faulenzen und im Schiffskino sitzen. 3 Uhr erreichen wir Haines. Etwas im Auto schlafen, dann ins Hostel. Es regnet heute den ganzen Tag. Ich lese und sortiere Fotos. Schade, die Gegend ist echt schön. Sonntag nach Kanada. Dabei Zeit lassen und oft halten, trotz Regenschauern. Bei Haines leben viele Weißkopfadler, von denen ich einige sehe. An der Grenze die Uhr eine Stunde vordrehen und weiter. Der Himmel bleibt grau, aber trocken. Gezeltet wird am hübschen Dezadish Lake. Leider ist es kalt und windig. Von der Hitze im Süden wünsche ich mir inzwischen ein wenig zurück. Montag treibt mich 6 Uhr die Blase aus dem Zelt. Das Wetter: dicker Nebel, feucht und kalt, also zurück in den Schlafsack. Eine Stunde später weckt mich ein Tapsen aus dem Wald. Gleich darauf ein Schnüffeln am Auto wie auch am Zelt und ich sehe den Schatten einer Bärennase nur 20 cm neben meinem Kopf an der Zeltwand. Gaaaaanz ruhig liegen bleiben. Eine halbe Stunde nachdem der Bär weg ist stehe ich auf und mache Frühstück. Erneut das Rascheln im Wald und diesmal sehe ich den Besucher. Ein ausgewachsener Grizzlybär! Schnell schaffe ich alles Essen ins Auto und behalte ihn dabei im Auge. Unentschlossen läuft er im nahen Unterholz hin und her. Bären können unheimlich schnell sein, deshalb bleibe ich möglichst nah an der offenen Autotür. Es ist ein großer Unterschied ob du einen Grizzly im Zoo hinter Gittern siehst, oder nur 15m entfernt in freier Wildbahn. Als ein Auto kommt trollt er sich. Als Ausgleich für die Aufregung genieße ich die geniale Morgenstimmung am spiegelglatten See. Später halte ich bei wechselndem Wetter am Kathleen Lake, wo ein steiler Pfad in zwei Stunden zum King’s Throne führt. Der Aufstieg lohnt sich trotz Kälte und Wind. Vom Gipfel der Blick in den Kluane National Park. So weit das Auge reicht weite Täler, riesige Seen und weiße Gipfel. Ein Hammer bei Sonne und ein Erlebnis heute. Spät am Nachmittag in Haines Junction. Die Wettervorhersage für die nächsten Tage ist mies, also im Hostel in Whitehorse anrufen: die haben ab morgen ein Bett frei, zelten ist schon heute möglich. Die 160 km bis dahin sind in zwei Stunden Geschichte.
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14. Woche vom 8. bis 14. August 2006: Whitehorse ist meine Ausruhstation. Wie vor zwei Wochen passiert wenig. Mittwoch stündlich den Wetterbericht checken und dann ein Telefonat wegen morgen führen. Sonst ausruhen. Am Abend beruhigt sich das Wetter und ich schaue mir Whitehorse an. Der Yukon zeigt sich erstaunlich breit und verdient die Bezeichnung schöner Fluss. Vollkommen klar mit leicht türkisem Ton fließt er ruhig dahin und wird nur in einem kleinen Canyon schnell. Tags darauf 6 Uhr packen und nach Haines Junction fahren. 10 Uhr bin ich am Flugfeld dort. Der Pilot Ben wartet bereits mit einem Paar aus Quebec. Kurz reden, die Kreditkarte nutzen und ab. Mit einer kleinen Cesna fliegen wir über den Kluane National Park. Die nächsten 90 Minuten gehören zur schönsten Flugzeit meines Lebens. Es gibt kaum Wege, geschweige denn Strassen im 22.000 km² großen Park. Umso einmaliger der Blick aus dem Flieger. Bergketten, 60 km lange Gletscher, endlose Täler und schneebedeckte Gipfel ohne Ende, unter anderem in der Ferne der Mt. Logan. Gigantisch schön. Die Berge scheinen aus dem Flieger zum Greifen nahe und das knappe Überqueren von ihnen verursacht ein wohliges Kribbeln. Ben gibt nützliches Wissen weiter und packt einen Tiefflug über einen Gletscher oben drauf. Was soll nach diesem Abenteuer heute noch kommen? Auf Empfehlung mache ich den 15 km langen Aurioltrail. Hübsch. Weil das schöne Wetter hält sitze ich abends im Sonnenschein am Strand des Pine Lake. Kann das Leben schöner sein?
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der Kluane NP taucht auf
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Freitag nach dem Frühstück mit dem Auto zum 30 km entfernten Mt. Decoili, 2.232 m hoch. Bis zum Anstieg des Berges folgt der Weg einem Bachbett. Der kräftige kalte Wind und graue Wolken lässt einige Wanderer umkehren. Neben einer Gletscher Zunge der Pfad über alpine Wiesen mit all seinen Bewohnern, dann senkrecht bergan. Keine Zeichen, nur Steine und Felsen. Das ist der Unterschied zwischen Weg und Route, zwischen Wandern und Abenteuer. Und das hier ist Abenteuer. Nur ich und der Berg, welcher nach drei Stunden bezwungen ist. Ein herrlicher Blick vom Gipfel, trotz einiger Wolkenfelder. Samstag nach Whitehorse, wo ich im Hostel als Stammgast gelte. Bei bewölktem Himmel eine Wanderung am Miles Canyon. Sonntag auf nach Süden. Christian, ein Österreicher, sitzt mit im Auto. Wir reisen nach Alaska ein und erreichen bei schönem Wetter Skagway. Statistisch die regenreichste Ecke von Alaska, doch heute scheint die Sonne. Im Visitor Center holen wir uns die Genehmigung für den Chilkoot Trail. Christian läuft heute los, ich suche mir ein Hostel und bummle durch die Stadt. In Skagway legen im Sommer täglich bis zu fünf Kreuzfahrtschiffe an, was ungefähr 7.500 zahlende Touristen auf einen Schlag macht und die vielen Juwelierläden erklärt. Am Nachmittag röhren die Schiffssirenen, eine halbe Stunde später scheint der Ort wie ausgestorben.
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...und heute
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Montag, 14.08.2006 - mein härtester Tag. Der Wecker 2 Uhr. Zwei Stunden später stehe ich am Startpunkt vom Chilkoot Trail, vor 100 Jahren DER Weg zum Gold am Yukon. Jack London war auch dabei. Dreißig Minuten laufe ich mit Kopflampe, dann hilft erstes Tageslicht. Ich mache absichtlich Lärm um keine Bären zu überraschen. 8 Uhr am ersten Camp. Weiter durch felsiges Gelände bergan, oft sind Bäche zu queren. Ab 600 m Höhe herrscht Nebel. Gestalten tauchen vor mir auf und hinter mir unter, Wanderer mit viel Gepäck. Die Sichtweite sinkt auf 10 m, Farben und Formen verschwimmen zu Einheitsgrau, normales Wetter am Chilkoot-Pass. Die letzten 400 Höhenmeter dann auf den berühmt berüchtigten “Stairs”. Damit sind Felsen gemeint. Eine gefährliche Kletterei, jeder falsche Schritt bei den tiefen Spalten kann der letzte sein. Die Sicht reicht nur von einer orangen Polstange als Wegweiser zur nächsten. Erschreckend, aber machbar. 11 Uhr in der Schutzhütte am Pass. Kurze Pause und Gespräche mit den Wanderern, die mich bereits erwartet haben. Beim Einholen der Genehmigung gibt man sein Zeitfenster an, also wussten die Ranger Bescheid und hatten mich als “Runner” angekündigt. Nebel und Schweiß gehen mir inzwischen bis auf die Haut und bei nur 5°C gehe ich lieber bald weiter. 2 km hinter dem Pass erste blaue Tupfer am Himmel. Voller Erstaunen sehe ich wie sich die Sonne durch die Wolken kämpft. Was für eine Wohltat. Über Stock und Stein durchquere ich eine tolle Landschaft. Für den harten Fußmarsch über 56 km mit über 2.000 Höhenmetern brauche ich 14 Stunden. Vor 100 Jahren hatten die Männer 40 kg auf dem Rücken und mussten die Strecke 30 mal laufen um die erforderliche Tonne Ausrüstung über den Pass zu bringen. Sie brauchten länger als einen Tag pro Strecke, insgesamt mehrere Monate. Viele starben bei Stürzen und schlechtem Wetter. Zurück nach Skagway per Anhalter. Der Einheimische ist so von meiner Leistung beeindruckt, das er mich bis zu meinem Auto bringt, obwohl er ganz woanders wohnt. Übrigens beträgt die normale Laufzeit für den Trail drei Tage.
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Trail im Kennzeichen verewigt
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15. Woche vom 15. bis 21. August 2006: Ich packe und fahre wieder Auto. Bin etwas träge und spüre meine Füße, nicht schlimm. Bewölkter Himmel, gut das ich gestern auf dem Chilkoot Trail war. Über Carcross führen meist Schotterstrassen bis Atlin. Hübsche Gegend und der Zeltplatz am Ende von Nichts ist mit 5 CAD sehr günstig. Am Mittwoch sind die 500 km von Johnson Crossing bis Watson Lake schon bekannt, wie auch der Regen auf dieser Strecke. Vor Watson Lake südlich auf den Highway 37 abbiegen. Der bisher geringe Verkehr verebbt völlig und ich bin mit der Natur allein. Die Nacht auf dem Zeltplatz in Boya Lake. Donnerstag ständiger Wetterwechsel. Auch Sonne, nur höre ich nach dem zwölften Schauer auf diese zu zählen. Die tolle Gegend wird immer wilder. Eine Bärin mit ihren zwei Jungen zeigt sich am Waldrand, sowie wildromantische Lichtspiele am Himmel. Nach 500 km biege ich westlich auf die 37a ab. Steile Bergwände steigen himmelwärts und Gletscher strecken ihre Zungen weit in Richtung Strasse. Ich sehe immer wieder Schwarzbären. In Stewart ein günstiger und guter Zeltplatz. Noch kein Ausruhen, die Besitzerin schickt mich 20 km weiter nach Hyder, Alaska, die wohl freundlichste Geisterstadt auf der ganzen Welt. Im flachen Fluss versuchen Lachse zu Hunderten mit aller Kraft an ihre Laichplätze zu kommen. Ein idealer Futterplatz für Bären, leider sind heute keine Grizzlys dabei.
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der Himmel wie das Land: wild
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Freitag wieder nach Hyder und auf einer miesen Schotterstrasse zum Salmon Glacier. Ab 700 m Höhe taucht Nebel auf. 15 m Sichtweite auf einer ungesicherten Strasse, Nervenkitzel inklusive. Immerhin sieht man Teile vom Gletscher. Langsam steigt der Nebel, aber die Zeit drängt. 13 Uhr Aufbruch. Wieder Bären und andere Tiere auf der Strasse, was fast zur Normalität wird. Es bleibt trocken und die Sonne kommt raus. 240 km südlich treffe ich auf den Highway 16 und Zivilisation. Der Verkehr nimmt zu und kleine Städte liegen am Weg. Am Abend erreiche ich die Hafenstadt Prince Ruppert. Samstag ausspannen und die Stadt erkunden. Sonntag liegen 750 km vor mir. 7 Uhr habe ich die Strasse praktisch für mich allein. Nebelbänke liegen mystisch über der Gegend. Terrace, New Hazeltown und Smithers ziehen vorbei. Die Gegend verändert sich stündlich. Zerklüftete Landschaft, schneebedeckte Gipfel und immer wieder Flüsse und Seen. Strahlend blauer Himmel, das Radio spielt das Richtige und dank Tim Hortons steht ein halber Liter Kaffee neben mir, so lässt sich die Fahrt genießen. 17 Uhr in Prince George. Keine tolle Stadt. Der Zeltplatz liegt am Highway, doch mit Ohrenstöpseln wird es eine ruhige Nacht. Montag ein Ölwechsel am Auto. Midas hat keine Zeit und schickt mich zu Great Canadian, einem Drive-Thru-Store. Das heißt: anstellen, rein fahren, zwei Leute arbeiten gleichzeitig über und unter dem Auto, bezahlen, raus fahren. Man bleibt im Auto und ist in 10 Minuten fertig. This is America. Mit viel Sonne nach Osten. Ab Nachmittag sind die Berge der Rockies zu sehen. Bald taucht der Mt. Robson in seiner ganzen Pracht auf, mit 3.950 m der höchste Berg der Rocky Mountains in Kanada. Informationen im Touristenbüro holen und um die Ecke zelten. Es wird nun schon 21 Uhr dunkel. Daran muss ich mich noch gewöhnen.
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16. Woche vom 22. bis 28. August 2006: Dienstag 5 Uhr auf und im kalten Halbdunkel frühstücken. Eine Stunde später starte ich auf dem Berg Lake Trail. An herrlichen Seen, Flüssen und vielen Wasserfällen vorbei geht es zur Nordseite des Mt. Robson mit seinen Gletschern. Der Himmel bedeckt, aber ich habe Hoffnung. Bereits nach elf bin ich am Robson Pass, eigentlich Halbzeit. Zurück der Umweg über Mumm Basin und den Hargreaves Lake mit traumhafter Aussicht. Die Sonne kommt raus und macht alles noch schöner. Trotz Pausen schaffe ich die 50 km in elf Stunden. Mittwoch weckt mich 4 Uhr der Regen. 8 Uhr aufstehen, alles schnell ins Auto und los. Begleitet von grauen Wolken komme ich nach Jasper und schließe so den vor vier Wochen begonnen Kreis. Das bekannte Hostel ist voll, also weiter. Unterwegs eine Pause am Horseshoe Lake, der ist so klar das einem die Augen weh tun, und am Althabasca Wasserfall, von Touristen so überlaufen das mir Angst und Bange wird. Im Althabasca Hostel findet sich ein freies Bett. Einfach, preiswert und gut. Ich treffe ein deutsches Paar, das MIT DEM RAD in 18 Monaten von Alaska bis zur Südspitze von Argentinien fährt. Hut ab. Donnerstag reißt erst 10 Uhr die Nebeldecke auf, Berggipfel erscheinen und verschwinden. Ich fahre auf dem Icefield Parkway, eine der schönsten Strecken hier. Leider kommen die Wolken zurück, trotzdem halte ich häufig an Aussichtspunkten, Seen, Wasserfällen und mache kurze Wanderungen. Nachmittag bin ich am Icefield Center vom Althabasca Gletscher, wie so viele Touristen. Abends im Moskito Creek Hostel. Wieder Rustic, ohne fließend Wasser. Nebenan ein Zeltplatz, doch bei den kühlen Nächten bevorzuge ich ein warmes Bett. Freitag will ich DIE Fotos vom Sonnenaufgang am meist fotografierten See machen, doch 6 Uhr will der Chevy nicht anspringen. Vielleicht lag es an der kalten dünnen Luft. Und wirklich, zwei Stunden später mit Sonne ein problemloser Start. So stehe ich dann mit Horden von Touristen am Peyto und am Bow Lake. Die Fotos sind trotzdem super. 45 km weiter mein am nächstes Ziel: Lake Louise, die schönste und teuerste Ecke in den Rockies. Das Dormbett im Hostel für 38 CAD, sonst im Schnitt 21 CAD. Nachmittags hinauf zum Lake Louise, ein wahrlich traumhafter See.
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Samstag früh raus um 8.30 Uhr am Lake Moraine zu sein. Ich will ins “Tal der zehn Gipfel”. Das ist Grizzly-Gebiet, und man lässt nur Wandergruppen mit mindestens sechs Leuten rein. Anscheinend können Bären zählen, denn nachweislich wurden kleinere Gruppen schon angegriffen. Als Glückspilz finde ich schnell fünf Leute aus Edmonton und Calgary. Die wollen zum Mt. Temple, von dem ich nichts weis. Die Chemie passt in der Gruppe, auch das Tempo. Nach zwei Stunden sind wir am Sentinal Pass in 2.600 m Höhe. Dort endet der Pfad und wir müssen selbst den fast senkrechten Weg zum Gipfel suchen. Mein Rhythmus ist gut und schnell, die fünf bleiben bald zurück. Bären sind so weit oben kein Thema. Unter dem tiefblauen Himmel eine immer bessere Aussicht. Die Kletterei ist nicht ohne und manchmal klebe ich wie eine Fliege mit allen vieren am Fels. 13 Uhr auf dem 3.544 m hohen Gipfel, der höchste Punkt im weiten Umkreis. Entsprechend gigantisch die Sicht. Gut das man mir dieses Ziel praktisch “aufgezwungen” hat. Beim Abstieg sehe ich die Gruppe, die noch auf dem Weg nach oben ist. Ich holte inzwischen andere ein und laufe mit ihnen zum Lake Moraine zurück. Nachmittag im Whisky Jack Hostel, in Sichtweite der Takakkaw Fall, mit 384 m der zweithöchste Wasserfall in Kanada. Sonntag fällt das Aufstehen nach dem gestrigen Programm schwer. Erst nach neun laufe ich los. Bei traumhaften Wetter über den Yohopass, am herrlich hellgrünen Emerald Lake vorbei bis hinauf zum Hamilton Lake. Auch heute werden es sehenswerte 30 km mit 1.800 Höhenmetern
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Montag stehe ich 7.30 Uhr an der Lake O’Hara Road. Die ist für Privatautos gesperrt und der einzige Bus längst ausgebucht, also 11 km Schotterstrasse zu Fuß. Kurz vor dem Lake O’Hara biege ich auf eine alpine Route ab. Die führt rauf zur Wiwaxy Gap und damit zu herrlichen Aussichten. Die Luft ist leicht getrübt, südliche Winde treiben Dunst der großen Waldbrände aus den USA im Staat Washington herüber. Trotzdem beeindruckend. Ich bleibe auf der felsigen Alpine Route. Das bedeutet zwar viel Auf und Ab mit gefährlichen Stücken, vielen Felsen und manchmal nur zu erahnenden Pfade, doch so entgehe ich dem Großteil der Touristen und habe den mit Abstand besten Blick auf die farbenprächtigen Seen und das Bergland 17. Woche vom 29. August bis 4. September 2006: Dienstag. In der letzten Woche bin ich an fünf Tagen durch die Berge gestiefelt. Das waren ungefähr 200 km mit harten 6.000 Höhenmetern. Mein müder Körper nimmt gern eine Zwangspause wegen schlecht Wetter in Kauf. Es trübt sich ein und soll bald regnen. Langsam auf nach Süden. Ein Halt in Lake Louise und am Nachmittag der Johnston Canyon mit schönen Wasserfällen. Westlich davon ein Spaziergang zu den Painted Pots, eine farbenfrohe Landschaft die durch das Ausschwemmen von Eisen entstanden ist. Bereits am Nachmittag treffe ich im Castle Mountain Hostel ein und lege nach all dem zufrieden die Beine hoch.
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Mittwoch der versprochene Regen. Es ist recht frisch und die Nachrichten melden ab 2.000 m Schnee. Anscheinend naht der Herbst. Ich brauche nur eine halbe Stunde bis Banff, DER Urlauberstadt in den Rockies. Bei dem Wetter halte ich jedoch nur am Informationsbüro um Ideen und Fakten zu sammeln. Dann 30 km weiter nach Canmore, wo die Hostels um einiges günstiger sind. Das Haus dort schafft es in meine kanadischen Top 3. Herrlich gelegen, tolle Küche, Kamin und eine geniale Terrasse mit Blick übers Tal. Pro Nacht nur 21 CAD. Donnerstag sind nur 10°C. Die Wolken reißen auf und zeigen schneebedeckten Gipfel. Die Luft ist so klar und crisp das man am liebsten “hinein beißen” würde. Ich fahre nach Banff, hole eine Backcountry Permit fürs Campen und schaue mir die Stadt an. Wunderschöne Holzhäuser, auf alt getrimmt, aber nicht kitschig. Am Nachmittag hinauf zum Tunnel Mountain, und später zum Mt. Sulphur, von dem aus man die Gegend überblicken kann. Dort oben stehe ich dann auch in frischem Schnee. Ganz witzig: Touris kommen in Flip-Flops mit der Gondelbahn herauf und schauen ganz verdutzt
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Freitag ab in die Wildnis. Erst 48 km Schotterstrasse, dann zu Fuß weiter. Ich trage für drei Tage Ausrüstung und Essen auf dem Buckel. Mein Equipment ist nur bedingt geeignet und auf jeden Fall ein paar Kilo zu schwer. Gut das es nur 14 km bis zum anvisierten Zeltplatz sind. Den Nachmittag verbringe ich am See und laufe bis zum Marvel-Pass. Nach der Rückkehr reicht das Tageslicht gerade zum Essen. Offenes Feuer ist bei Höchststrafe verboten, also 21.30 Uhr Bettzeit. Übrigens stehen nur drei Zelte weit verstreut im dichten Wald, ein Abenteuer im Bärenland. Samstag früh fällt es schwer aus dem warmen Schlafsack zu kommen. Meine Nase ist eiskalt und der Atem macht fluffige Wolken. Erst halb neun schafft es die Sonne über die Berge. Heute über den Wonderpass (2.400 m) zur Assiniboine Lodge und über den gleichnamigen Pass (2.180 m) zurück. Viele Höhenmeter bei 30 km über Stock und Stein. Dabei 30°C und strahlend blauer Himmel. Belohnt werde ich mit grandiosen Blicken auf den Mt. Assiniboine, dem “Matterhorn” von Kanada. Glücklich und müde bin ich 18 Uhr zurück. Statt Dusche ein eiskaltes Bad im Bach. Sonntag nach dem Frühstück packen und zum Auto laufen. Ich merke wie müde der Körper wegen der letzten zwei Wochen ist und bin froh morgen die Berge erst mal hinter mir zu lassen. Die Sonne brennt für die Jahreszeit ungewöhnlich heiß vom Himmel, laut der Vorhersage soll es so bleiben. Ich komme wieder im bekannten Hostel in Canmore unter. Die Hochzeitsgesellschaft von gestern hat jede Menge Essen zurückgelassen und so schlemmen wir Backpacker bei Truthahnkeule und Schokoladentorte.
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Montag ein frischer Morgen, doch die Sonne verspricht einen heißen Tag. In östlicher Richtung nehme ich den Highway 1 nach Calgary. Bereits kurz hinter Canmore bleiben die Berge schlagartig zurück und es geht nahtlos in flache Prärie über. Der Verkehr nimmt stark zu und ich muss mich erst an den Gedanken Großstadt gewöhnen. Kurz vor Calgary ein Halt am Olympic Park, wo 1988 ein Teil der olympischen Winterspiele ausgetragen wurde. Es ist wenig los, und vom Zauber der Spiele nichts zu spüren. Hinterher finde ich im Dschungel der Wolkenkratzer mein Hostel. Nach einer Mittagspause zu Fuß durch die Stadt. Wer einmal die andere Seite des Lebens sehen will, mit gestrandeten Typen, Fixern und Dealern, der ist hier genau richtig. Gleich neben dem Hostel beginnt deren Revier, obwohl ich sagen muss das sie einen in Ruhe lassen. Ansonsten hat die nette Stadt wenig zu bieten. Einzig der Olympic Plaza gefällt, wo rings um den Platz alle Medaillengewinner namentlich auf Bronzetafeln verewigt sind
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Öl und Landwirtschaft
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18.Woche vom 5. bis 11. September 2006: Dienstag 9 Uhr im Auto. Beim Tanken wird deutlich wie nah ich dem Öl bin. Der Liter Benzin kostet 0,89 CAD ( 0,60 €). So billig war es in Kanada bisher nirgends. Auf den Nebenstrassen nur sehr wenig Verkehr. Nach 150 km erreiche ich Drumheller, die Dinosaurierstadt. Man sieht die Siedlung erst als die Strasse von der flachen Prärie förmlich in den Canyon “fällt”. Da stehen überall künstliche Dinos, der größte vor dem Informationscenter. Grund: hier fand man sehr viele und unterschiedliche Fossilien. Bestaunen kann man die Funde ein paar Kilometer außerhalb im Royal Tyrrell Museum. Ich flüchte in die klimatisierten Hallen, das Thermometer zeigt 34°C. Das Museum ist richtig gut, mit all den Skeletten und Erklärungen. Im Auto, kein Schatten weit und breit, sind dann 50°C und die Klimaanlage muss alles geben. Um Drumheller führt die Strasse mal im, mal am Canyon lang. Aussichten, Kornfelder und mittendrin viele kleine Ölpumpen. Der Tag endet am Pinters Campground, gelegen am Fluss und mein Zelt das einzige im weiten Umkreis. Mittwoch zu den Hoodoos, einzeln stehende Sandsteinsäulen in bizarren Formen. Weiter nach Süden. Die Gegend flach und voller Felder. Eigentlich ist der Himmel blau, aber der Staub der Schotterstrassen vermischt sich mit Strohresten von der Mahd zu einem braungelben Schleier. Es ist drückend heiß. Nach zwei Stunden bin ich am Dinosaur National Park, UNESCO Heritage Site. Wie in Drumheller fand man auch hier jede Menge Fossilien. Eigentlich ist das alles ein Canyon, nur liegt Drumheller zentraler. Hier ist der Canyon weiter, und alles unberührter. Pause am Fluss im Schatten der Bäume. Dann teils zu Fuß, teils mit dem Auto durch den Park. Die Gegend wie von einer anderen Welt. Am Fluss stehen Bäume, sonst nur Stein, Staub und Gräser. Vorsicht, es gibt Klapperschlangen, Spinnen und Skorpione. Sommers wie Winters sind hier 40°C, dann eben mit einem Minus davor. Ich sehe keine gefährlichen Tiere und schlage das Zelt am Campingplatz auf.
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Royal Tyrell Museum außen...
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kommt ohne Worte aus
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Donnerstag auf Nebenstrassen nach Süden, die US Grenze rückt näher. In Lethbridge der herrliche Nikka Yuko Garden, ein Geschenk von Japans Regierung. Mittag im Pizza Hut mit Buffet für 6,99 CAD. Am Nachmittag bis hinter Fort McLeod, genauer zum Head-Smashed-In. Diese Klippen nutzten die Indianer über 5.000 Jahren zur Büffeljagd. Die 15 m Höhe reichen um Büffel zu töten oder wenigstens schwer zu verletzen. All die Jahre in Einklang mit der Natur, dann kommt der Europäer und macht das zunichte. Ich bleibe dann auf dem nahen Campingplatz. Da ist wenig los und bald senkt sich der Abend still über die Prärie. Ein schöner Sonnenuntergang, danach ein großer und am Anfang sehr orangefarbener Vollmond. Als Begleitmusik das Zirpen der Zikaden und das Heulen der Kojoten. Freitag in Cardstone zu einem Mormonentempel. Nach weiteren 40 km tauchen die Rocky Mountains des Waterton National Parks auf. Der Übergang von Prärie zu den 3.000er Gipfeln ist überraschend kurz. Die Stadt Waterton verschlafen, nur das Prince Wales Hotel thront als Ikone über dem See. Leider bleibt die Aussicht trübe, der Wind treibt den Dunst großer Waldbrände aus 200 km Entfernung herüber. Im Park kurze Abstecher zum Red Rock Canyon, Cameron Lake und Cameron Wasserfall. Im hiesigen Hostel ist kein Platz für mich, also schlage ich das Zelt vor den Toren des Parks auf.
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Samstag. Nach dem kühlen Abend ein warmer Morgen. Die trockene Luft aus Süden bringt auch mehr Rauchschwaden. Ich bin 10 Uhr am kleinen Hafen von Waterton. Ein Schiff bringt 30 Wanderer über den See, wo eine der schönsten Wanderungen des Landes hinauf zum Crypt Lake beginnt. Ich bin bald der Erste der sich weit auseinanderziehenden Gruppe, denn der Weg ist trotz 700 Höhenmetern leicht. Nervenkitzel kurz vor dem See: eine Eisenleiter am Fels, danach ein enger, 20 m langer Tunnel, den ein paar der Wanderer wohl auf allen vieren durchqueren müssen, und ein Stück am steilen Fels entlang, zur Sicherheit mit Stahlseil. Der See selbst ist hübsch, aber da gab es schon schönere. Ausruhen im Sonnenschein und dann der Rückweg durch den Roaring Falls Canyon. Ich kann mir Zeit lassen, das einzige Boot zurück startet 17.30 Uhr. Das hiesige Hostel enttäuscht. Gemanagt vom Hotel nebenan ist es wohl ein ungeliebtes Kind. Miese Miniküche und kaum Platz. Die enge “Lounge” ein Witz: fensterlos, ein Tisch und sechs unterschiedliche Stühle bei 20 Betten. Das soll 33 CAD wert sein? Morgen bin ich hier weg!
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Cameron Wasserfall
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Sonntag mache ich in Waterton den Anderson-Carthrew-Trail. Hinter dem Dorf in den Wald und bald bergan. Nach einer Stunde der erste Bergsee, dem weitere folgen. Ich erwarte nach gestern wenig, komme jedoch spätestens am Gipfelgrat ins Staunen. Starker Wind hat die Rauchschwaden vertrieben und man kann tief in den Park schauen. Grandiose Farben, weiße Gipfel und verborgene Bergseen. Mir begegnen Touristengruppen, vom Cameron Lake kommend auf dem Weg nach Waterton. Am Summit Lake vorbei führt mein Weg hinunter zum Boundary Creek. Das ist Bärenterritorium, was mich kaum noch schreckt. Der selten benutzte Pfad verschwindet manchmal fast im dichten Wald. Beruhigend das mir vier Leute begegnen - keine Bären. Irgendwo kreuze ich die grüne Grenze zur USA und komme am Waterton Lake ohne Grenzposten wieder zurück nach Kanada. Spät bin ich am Auto und verlasse den Nationalpark. Eine Stunde später schon in Pincher Creek, wo ich einen guten Zeltplatz mit Dusche für nur 5 CAD finde. Montag ist das Wetter nach wie vor traumhaft schön. An den Bergen entlang, die Tälern viel Raum lassen, geht es in Richtung Norden. Crowsnest Pass, Cranbrooke und Radium Hot Springs liegen am Weg, bis ich nachmittags in Golden eintreffe. Das Hostel dort liegt genau neben der lauten Eisenbahn, also versuche ich es außerhalb im “On the Caribou Hostel”. Volltreffer. Ruhig im Wald gelegen, eingerichtet wie ein Zuhause. Als einziger Gast habe ich das alles für mich, echt toll.
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19. Woche vom 12. bis 18. September 2006: Dienstag ein Jubiläum: mein 25.000ster Autokilometer in Kanada. Rein rechnerisch 225 km pro Tag, ganz schön viel. Heute in Golden ein Besuch bei Northern Wolfes, wo Wölfe aufgezogen, trainiert und möglichst nah an ihrem normalen Leben gehalten werden. Sehr interessant. Mittag laufe ich im Glacier Nationalpark zum Glaciercrest in 2.250 m Höhe, mit tollem Ausblick auf die Gegend. Ein Halt im Revelstoke Nationalpark um mir riesige, 500 jährige Zedern anzuschauen. Am Abend dann in Revelstoke. Mittwoch ein kühler Morgen mit Wolken. Für mich eine Fahrt hinauf zum Mt. Revelstoke. Die Strasse führt fast bis zum Gipfel in 1.930 m Höhe. Ab da zu Fuß weiter. Der Weg ist gut und leicht, genau richtig nach den vielen schweren Tracks. Eine schöne, fast mystische Gegend. Donnergrollen am Eva Lake lässt mich umkehren. Im Hostel treffe ich interessante Leute. Mit Paul aus Neufundland, der sein Geld in Fort Mac Murray verdient, verquatsche ich die halbe Nacht. Donnerstag. Es regnet seit letzter Nacht und hört bei 10°C auch nicht auf. Ich bin bald in Kelowna, Okanagan Valley, dem Obstgarten von British Columbia. Nach einigen Telefonaten habe ich eine Erntejob. Freitag der Wecker 6 Uhr. Der Iraner Alex sammelt mich, die Koreaner Chum und Jed, sowie die Japanerin Aki ein. Nicht international genug? Unsere Arbeitgeber sind Inder. Kurz einweisen und los. Bezahlt wird pro Großkiste, in die 400 kg Äpfel passen. Trotz kurzer Schauer finde ich einen Rhythmus und habe am Abend vier Kisten voll, nur Durchschnitt. Samstag blauer Himmel und starke Sonne, das macht durstig. Äpfel vom Baum sind tabu, die Hände werden beim Pflücken schwarz und schmierig. Ein Grund nun Handschuhe zu tragen. Unsere Truppe versteht sich und wir machen alles zusammen: Essen, Arbeiten und das bisschen Freizeit. Über mein Auto sind alle froh, das erspart den Fußweg vor und nach der Arbeit. Am Montag graue Wolken am Himmel und es fängt bald an zu regnen. Die anderen hören auf und auch ich halte nur eine halbe Kiste länger durch. Im Hostel: Ausruhen, Wäsche waschen. Auf Arbeit eingestellt fahre ich am Nachmittag noch allein zur Plantage. Der Regen hört auf und mir gelingen zwei weitere Kisten.
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20. Woche vom 19. bis 25. September 2006: Dienstag kommt nur Aki mit, die Jungs pausieren. Grauer Himmel, Bäume wie Äpfel sind nass und kalt. Aber es reißt auf und der Tag wird schön, mein letzter hier. Den Körper wird es freuen, denn der 15 kg Beutel Äpfel vor dem Bauch ist schwer. So muss es sich anfühlen hochschwanger zu sein. Der Scheck den ich am Abend bekomme wird noch vor Bankschluss zu Geld gemacht. Aki kocht für uns und wir haben einen schönen letzten Abend. Mittwoch eine Abschiedszeremonie auf asiatisch, der Himmel dunkelgrau. Auf Nebenstrassen zum Highway 1 und dem Fraser River. Ihm folge ich durch so manche Schlucht, wie dem Hells Gate Canyon. Es regnet ohne Ende. Ein Halt in Hope, Originaldrehort von “Rambo 1”. Othello Tunnel, steile Canyons, Brücken und der Ort an sich. Dann weiter nach Westen. Vor seltenen Straßentunnel stehen Schilder: “Achtung Tunnel, Sonnenbrille absetzen” - das ist Amerika. Der Regen wird stärker und der Himmel dunkler. Angekommen in Vancouver gleich vom Downtown Highway zum Fährhafen Tsawassen abbiegen. Mit Vollgas erreiche ich die abfahrbereite Fähre und bin zwei Stunden später in Nanaimo, Vancouver Island. Zu spät für ein Hostel wird in einer ruhigen Seitenstrasse mein Auto zum Bett.
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Ich schlafe im Auto immerhin bis acht. Unter blauem Himmel das Frühstück einige Kilometer weiter am schönen Strand. Keine Ahnung warum, aber ich fühle mich sofort wohl auf der Insel. Gemütlich die Fahrt nach Norden. Rechts trennt das Meer die 450 km lange Insel vom Festland, links liegen gleich hinter den Sandstränden steil aufragende, bis 2.000 m hohe Berge. Meine Gegend, definitiv. Die Orte klein und ansprechend. Auf dem Festland waren die Städte groß oder nach amerikanischen Vorbild gesichtslos: einige parallele Strassen ohne Charme, dazu Tanke und Shoppingmall, mehr nicht. Hier ist das anders. Mehr Leben, allerdings vor allem Senioren die sich hier wegen dem milden Klima zur Ruhe setzen. In Courtenay/Comox checke ich im Shantz Haus ein. Nett, klein und gemütlich. Freitag, blauer Himmel und Wanderzeit. Die Fahrt von Meereshöhe zum Mt. Washington Ski Resort. Von da zu Fuß durch eine herrliche Landschaft auf den Mt. Albert Edward. Mal gemütlich über Wiesen, mal durch den Wald, häufig vorbei an kleinen Seen, führt letztlich der Pfad fast senkrecht den Fels hinauf. Von 2.093 m Höhe ein traumhafter Ausblick auf Vancouver Island, die umgebenden Inseln und das Festland mit einer ganzen Reihe schneebedeckter Gipfel.
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Samstag, Sonne pur. Von 4°C nachts schafft es das Thermometer tags auf angenehme 25°C. Weiter nach Norden. Die Orte werden noch kleiner und verschwinden schließlich fast ganz. Mal an der Küste entlang, mal durchs Inselinnere. 13 Uhr Ankunft in Telegraph Cove. Dort muss es schnell gehen, das Boot fürs Whale Watching legt bereits in 15 Minuten ab. Diesmal will ich Orcas, Killerwale, sehen. Zuerst sind da Delphine. Die spielen eine Weile neben dem Boot und surfen in unseren Wellen. Dann tauchen die ersten großen und schwarzen Finflossen aus dem Wasser auf. Orcas leben in Familien, so sehen wir gleich einige von ihnen. Im Laufe der Tour kommen mir mehr als zwanzig vor die Linse. Sie sind schneller als die großen Wale und schwer zu fotografieren, aber es ist toll ihnen zuzusehen. Zum Abschluss sehen wir zwei Buckelwale, dann fahren wir zurück in den Hafen. Ich komme heute bis Port Mc Neil. Da ist kein Hostelbett frei, also eine Nacht im Zelt. Das schlage ich am Strand auf, wo mich der Klang der Wellen in den Schlaf wiegt. Sonntag weckt mich ein Nebelhorn und Regengeräusche. Weiter nach Norden. Der Regen hört auf, aber dichter Nebel bleibt. Das heutige Ziel, Port Hardy, liegt nah. Dort herum spazieren. Am Strand gelingen tolle Fotos, und ich höre Wale im Nebel auftauchen und ausblasen. Nachmittag im C&N Backpacker einchecken. Der Manager erscheint erst nach einem Anruf und ward danach nicht mehr gesehen. Das Haus soll gestern ausgebucht gewesen sein, es sind aber nur vier Gäste da. Merkwürdig. Am Montag erneut dichter Nebel. Einen Besuch im Cape Scott Nationalpark lasse ich bei dem Wetter sein und fahre zurück nach Port Mc Neil. Dort mit der 11.30 Uhr Fähre nach Alert Bay, eine 5 km große Insel, empfohlen als Fusion zwischen First Nation und Fischerdorf. Leider zeigt sich überall der Verfall. Zwar an jeder Ecke Totems und die Insel voller Wanderwege, aber alles macht einen deprimierenden Eindruck. Das Hostel dafür top, bin der einzige Gast.
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auf Alert Bay
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21.Woche vom 26. September bis 2. Oktober 2006 Am Dienstag streikt der Chevy wieder. Liegt wohl an der Feuchtigkeit und dem im Inneren verfaulten Auspuff. Durch Quälen der Batterie springt er 20 Minuten später an. So erreiche ich die Fähre nach Vancouver Island und befahre dort bekannte Strassen nach Süden. 40 km weiter strahlend blauer Himmel. Die Sonne vertreibt schnell die trüben Gedanken aus dem Norden. Pause in Courtenay und weiter ins Zentrum der Insel. Eine Stunde später in Port Alberni, selbsternannte “Lachshauptstadt”. Die Stadt selbst nur Durchschnitt. Das Hostel etwas außerhalb, klein und besonders, schon wegen dem Besitzer. Selbst Reisender mit viel Asienerfahrung, Minimalist und Hang zur Selbstversorgung. Heute Filmabend mit zwei Baumpflanzern aus Ontario. “Corporation” und “Bowling for Columbine”. Michael Moore kann es eben. Mittwoch zu den Stamp Falls, wo die Lachse einen Wasserfall überwinden müssen. Zu Hunderten schwimmen teils dicke Brocken im natürlichen Pool unterhalb der Fälle. Erstaunlich wie sie mit gewaltigen Sprüngen die Höhe überwinden. Über Berge und durch enge Schluchten weiter zur Westküste von Vancouver Island, und damit zum offenen pazifischen Ozean. Ein Halt in Ucluelet, dann kurze Wanderungen zu Buchten, Stränden und durch nordischen Regenwald. Das Wetter ist weiterhin ein Traum. Am Nachmittag endet in Tofino die Strasse. Schade, der Ort ist mir zu touristisch und kommerziell. Das hoch gelobte Hostel schaut in Richtung Hafen, also kein Blick auf stürmische See oder traumhafte Sonnenuntergänge. Am Donnerstag bleibt der Nebel bis Mittag hängen, dann löst ihn die Sonne langsam auf. Auf zum Long Beach, 20 km südlich. Dort hängt der Nebel noch am Strand und zaubert fast mystische Momente. Zurück zum Hostel und später zu einer nahen Bucht. Freitag Nebel und Niesel. Nach dem Frühstück mit dem Buch “Der Schwarm” (spielt auch in Tofino) auf die Couch. Nach dem Mittag kommt die Sonne raus. Ab ans Wasser. Diesmal Tonquin Park. Faulenzen und Sonnenbad. Danach zur Schooner Cove, die nächste schöne Bucht. Abends Pläne schmieden mit Robert, Sarah und Sophia.
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Lachse an den Stamp Falls
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Samstag. Mein Chevy wird voll ausgelastet: vier Leute mit Gepäck, deutsche Jungs und dänische Mädels. Wir liegen auf der Strasse wie auf Schienen. Gemütliche Inseldurchquerung. Einziger Halt in der Cathedral Crove, wo ein Stück uralter Wald der Säge entgangen ist. Die 800 Jahre alten Douglas Fichten sind bis zu 2 m dick und 70 m hoch. Nachmittags Ankunft in Victoria, der Inselhauptstadt. Kulturschock. Nach langer Zeit in Kleinstädten und Dörfern zeigt Victoria alles. Ausgestorbene “Völker”, wie Punker, Irokesen, Grufties, Grungies und sonstiges hängen hier rum, auch im Hostel. Das hat über 100 Betten, ist laut und nicht sauber. Dabei ist es das Beste der Stadt. Wenigstens bekommen wir vier ein Zimmer für uns. Später ins Nachtleben. Ich lande in der Lucky Bar. Volltreffer. 80% der Musik ist mir unbekannt, aber es wird eine tolle Party. Ich lerne drei Kanadierinnen kennen und wir tanzen bis der Club schließt. Sonntag ein spätes Frühstück, dann Stadtbummel. Victoria zeigt sich als wirklich schöne Stadt. Zentrum, Hafen, die Häusern der Schönen und Reichen. Dazu Parks, Strände, sogar eine kleine Burg. Das Ganze bei blauem Himmel. Montag ist der Auspuff vom Chevy fällig. Ich finde Island Muffler, wo für den Austausch nur 20 Minuten und 140 CAD nötig sind. Restlicher Tag: am und im Regierungsgebäude, das Royal Museum of Victoria, im IMAX Kino eine virtuelle Expedition den Nil hinunter. Noch China Town und Government Building, dessen Nachtbeleuchtung stark an Disneyland erinnert.
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22.Woche vom 3. bis 9. Oktober 2006: Dienstag. Bin zum letzten Mal mit Robert, Sarah und Sophia unterwegs. An der Westküste fahren wir bis zum Ende der Strasse nach Port Renfrew. Während der Ebbe besuchen wir den Botanical Beach. Zu dieser Zeit sind kleine Pools zwischen den Felsen erreichbar und bieten ganze Ökosysteme. Muscheln, kleinste Krabben und Fische. Echt überraschend. Ich laufe dann einen Teil des Juan de Fuca Trails bis zur Povidence Cove. Ähnlich wie beim West Coast Trail führt der Pfad durch Regenwald immer an der Küste entlang. Bemooste und bizarre Wälder, Wurzeln, Bäche und Schlamm. Dazu ein ständiges auf und ab. Wanderherz was willst du mehr. Auf dem Weg nach Victoria halten wir am Sombrio Beach und erleben noch einen tollen Sonnenuntergang.
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Mittwoch lärmt die Baustelle neben dem Hostel ab 7 Uhr. Die Fahrt zum nahen Fährterminal bei strahlend blauem Himmel. Eine halbe Stunde später mit dem Schiff zum Festland, in Vancouver ohne Halt aus der Stadt heraus und am Howe Sound entlang bis zum Hostel in Squamish. Nach dem lauten Haus in Victoria ist es beinahe beängstigend still. Donnerstag zum nahen “Chief”, ein Granitfelsen der 700 m senkrecht in den Himmel schießt, ein Kletterparadies. Vorbei am Shannon Wasserfall rauf auf den Berg. Wegbeschreibung: Leitern, Ketten und nackter Fels. Die Strecke ist nur 3 km lang, aber es geht 700 m hinauf. Das macht mir Spaß und wird mit herrlichem Ausblick belohnt. Nachmittag nach Autoreifen umschauen. Das beste Angebot mit 360 CAD bei Canadian Tire. Abends schmort ein 1,2 kg Lachs im Backofen, sehr lecker. Freitag zu Canadian Tire, wo man in einer halben Stunde neue Reifen aufzieht. Im Hostel das Auto ausräumen. Was sich darin so alles angesammelt hat. Dann intensiv putzen. Poliert sieht der Chevy richtig gut aus, also gleich eine Verkaufsanzeige basteln. Samstag zum Garibaldi Park, 40 km nördlich. Ich bin spät dran, der Parkplatz schon halb voll. Wochenende und schönes Wetter eben. Gut bergan bis zum Plateau, dann wird es ruhiger. Ich biege zum Mount Black Tusk ab, ein riesiger, schwarzer Felsen. Ringsum herbstlich leuchtende Farben und im Schatten ein weißer Belag auf dem Pfad, Schnee von letzter Nacht. Ich treffe Aime und Simon, ein kanadisches Paar. Wir warten gemeinsam bis sich eine Bärenmutter mit “Kind” vom Pfad verzieht, dann weiter. Am Fuß des Gipfelfelsens fantastische Ausblicke. Die beiden machen Pause, den Gipfelsturm unternehme ich allein. Der Pfad führt um den halben Felsen herum, dann senkrecht hinauf klettern, möglichst ohne Blick hinab. Der Aufwand lohnt, fühle mich als König der Welt da oben. Runter wird es gefährlich, inzwischen sind die Hände halb starr vor Kälte. Die Sonne zeigt sich nur noch schemenhaft, ein Wetterwechsel kündigt sich an. Aime und Simon haben auf mich gewartet und wir laufen zusammen zum Garibaldi Lake. Ich fahre dann nach Whistler, DEM Skiressort von Vancouver. Übernachtet wird in Pemberton, ein kleiner Ort etwas weiter nördlich.
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Der Sonntag beginnt mit Wolken und Niesel. Als die Sonne raus kommt mache ich mir einen gemütlichen Tag am Nairn Falls und Lillooet Lake. Am gleichnamigen Fluss wieder hunderte Lachse auf ihrem Weg. So kurz vor dem Laichen sind ihre Körper sehr farbig. Es riecht, besser gesagt stinkt, gewaltig nach Fisch. All jene die es nicht schaffen liegen sterbend und angefault am Flussufer. Montag ist Thanksgiving. Nebliger Morgen und zugefrorene Autos. Es dauert bis sich die Sonne ihren Weg bahnt. Mit Wandersachen in den Joffrey Provincal Park. Es ist kalt im Wald, und Geröllfelder erweisen sich als gefährlich. Die Felsen sind mit Reif überzogen und glatt wie Schmierseife. Langsam passiere ich den unteren, den mittleren und schließlich den oberen Joffrey Lake. Der schwierige Weg nur 6 km lang. Zu früh zum Umkehren. Eine Route führt am Gletscherfeld vorbei weiter rauf. Wurzeln, Schlamm, Geröllfelder. Weiter oben kommt Schnee dazu. Die Gefahr lohnt, einmal auf dem Sattel bin ich praktisch über allem. Es ist absolut still hier oben, der vollkommene Frieden. Runter ist es genau so halsbrecherisch, aber ich kann mir Zeit lassen. Das letzte Geröllfeld liegt noch im Schatten und ist rutschiger als am Morgen, ein Laufen wie auf rohen Eiern. Mein Wanderstock rettet mich des Öfteren vor dem Sturz, allerdings zerbricht er auch dabei.
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23.Woche vom 10. bis 16.Oktober 2006: Dienstag nach Vancouver. Auf dem Highway 99 wird viel für Olympia 2010 gebaut und es dauert bis ich ankomme. In der Stadt viel Verkehr, trotzdem kein Problem zum Hostel zu finden. Dort gibt es sogar kostenlose Parkplätze. Am Nachmittag spazieren. Es wird dauern bis ich mich an den Trubel gewöhne. Das Hostel liegt ruhig in einer Seitenstrasse, doch gleich um die Ecke tobt das Großstadtleben. Mittwoch. Stadtrundgang. Der Himmel strahlend blau und die Sonne wie im Sommer. Vancouver ist der Knaller. Tolle Architektur, Multikulti und selten hektisch. Ich gehe durch Downtown, das ältere Gastown, China Town und Yale Town, wo alte Lagerhäuser zu Lofts, Restaurants und Ateliers umgebaut wurden. Super. Donnerstag ist laut Vorhersage der letzte warme Tag mit Sonnenschein. Ich laufe zum Stanley Park, eine grüne Lunge der Stadt. Eine Umrundung sind 10 km und mit ein paar Pausen am Strand verbringe ich hier Stunden. Dann Granville Island, mit riesigem Frischmarkt und Künstler Galerien jeglicher Art. Am Abend hoffe ich auf erste Anrufe zwecks Autoverkauf, doch nichts passiert. Freitag wird wie versprochen das Wetter schlechter. Im Internetcafe setze ich den Chevy in weitere Verkaufsseiten und drucke eine Annonce mit Sachen die ich verkaufen will. 15 Uhr treffe ich Sarah aus Victoria vor dem Kino. Es ist der letzte Tag des Filmfestivals in Vancouver. Sie hat mich eingeladen, allerdings ohne zu sagen das auch eine Regisseurin nebst Produzentin dabei ist, wodurch ich nun die halbe Filmcrew kennen lerne. Deren Beitrag ist ein Kurzfilm mit, Überraschung, deutschem Titel: “Nicht angegeben”. Nach dem Kino gehen wir alle gemeinsam Essen. Samstag bringe ich die Annoncen unter die Leute und pinne sie in Supermärkte und Hostels. Dann warten. Am Nachmittag der erste Anruf. Die Hoffnung auf weitere Anfragen ist leider vergeblich. Recht mürrisch gehe ich abends aus. In Kanada startet die Party früher als in Europa, denn die Clubs müssen 2 Uhr schließen. Inzwischen gießt es wie aus Kübeln, also ins nahe Celebrity in der Davie Street. Bald wird klar was es mit dieser Strasse auf sich hat, denn 80% der Besucher sind gleichgeschlechtlich interessiert. Eigentlich stört mich das nicht, aber wenn sich fast nackte Jungs als Go-Go’s rekeln und sich intensiv selbst auf der Tanzfläche küssen, dann ist mir das zu viel. Sonntag. Ich war nicht der Einzige den die Davie Street überrascht hat, andere haben sogar “Angebote” bekommen. Es regnet heute, also lesen und am PC sitzen. Am Nachmittag fahre ich zur ersten Interessentin für das Auto. Die halbe Familie springt rum, aber der mürrische Onkel hat das letzte Wort und will es sich überlegen. Abends ruft noch einer an, meldet sich aber danach nicht wieder. Montag. Zum Verkauf vom Auto ist ein ICBC nötig, so was wie der TÜV von British Columbia. Laut denen wäre der Chevy in einem tollen Zustand, nur die hinteren Bremsen und die gerissene Windschutzscheibe werden bemängelt. Die Bremsen lasse ich gleich überholen, die Scheibe soll morgen werden. Nachmittag ein Kampf mit der Autoversicherung in Manitoba, die bei Glasschäden zahlen soll.
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24.Woche vom 17. bis 23. Oktober 2006: Dienstag fahre ich in die UBC, Vancouvers größte Universität. Sie ist ein eigener Stadtteil und macht Lust da zu studieren. Ich hänge einige Verkaufsannoncen auf. Dann zu Speedyglass, die Windschutzscheibe ersetzen. Währenddessen bleibt Zeit sich die Gegend um Cambiestreet und Mainstreet anzuschauen. Die Autohändler auf dem Kingsway zeigen kein Interesse am Auto. Mittwoch der nächste Regentag. Das ist normal, ab Oktober steigt der Niederschlag hier sprunghaft an. Dafür bleibt es mäßig warm, während der Rest von Kanada bereits Nachtfrost hat. Ich verteile Annoncen in der Simon Fraser Uni. Der Freitag mit Sonne. Im Hostel startet eine Tour mit Erik, ein Unikum. Erst Stadtrundgang, dann zum Capilano Canyon. Wir sind zwanzig Leute und haben viel Spaß. Ein wenig wandern, eine Lachsaufzucht sehen und über eine sehr lange Hängebrücke laufen. Dann in 20 m Höhe auf Holzwegen durch einen Wald mit Baumriesen laufen und zum Abschluss in die tolle Bibliothek von Vancouver. Eindrücklich ihr Baustil, dem Kolosseum in Rom nachempfunden. Deren Nutzung ist kostenlos wenn man mit den Büchern im Haus bleibt. Später ins Nachtleben. Die Wahl heißt “Roxy”, ein Volltreffer! Die Musik vom DJ ist gut und wird von der Liveband noch getoppt. Samstag bin ich müde und schlendere missmutig herum. Die Zeit um das Auto zu verkaufen wird knapp, also den Verkaufspreis reduzieren. Heutiges Programm: American Football im BC Stadium. Die BC Lions spielen vor 30.000 Zuschauern. Meine Aufregung legt sich bald. American Football ist nett anzusehen, hat aber zu viele Unterbrechungen die werbewirksam genutzt werden und die Cheerleader sind kein Hingucker. Die Atmosphäre im Stadion ist ganz anders als bei Spielen in Europa, es geht eher zu wie beim Familienpicknick. Für die 60 Minuten Spielzeit gehen drei Stunden drauf. Nach dem Spiel ist es zu spät für die Clubs, vor denen bereits lange Schlangen stehen. Sonntag ein Besuch in der Bibliothek nebst Spaziergang in der Sonne. Im Queen Elizabeth Park hat der Herbst leuchtende Farben gezaubert. Einer ruft wegen dem Chevy an und wir treffen uns später. Dabei agiert der eingewanderte Iraner recht lustlos. Abends mit Daniel ins Kino: “Open Saison” (in Dt.: Jagdfieber). Echt lustig gemacht, vor allem weil ich jetzt weis wie nah dran das an der kanadischen Wirklichkeit ist. Montag. In einem Akt der Verzweiflung senke ich den Autopreis erneut. Die Campingsachen will auch keiner, also bringe ich sie für wenig Geld zu Sport-Junkie, einem Second Hand Laden. Einmal auf dem Weg klappere ich erneut Autohändler ab. Einer bemüht sich wirklich und macht ein Angebot von 900 CAD, das ist ganz schön wenig. Am Abend rufe ich bei der Farm in Saskatchewan an, auf der ich vor einigen Wochen war. Als Newton hört wie preiswert mein Auto inzwischen ist zeigt er sofort Interesse.
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die Lions Gate Bridge
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25. und letzte Woche vom 24. bis 29. Oktober 2006: Dienstag überschlägt sich alles. Erst ruft Newton an und will das Auto. Leider zeitlich knapp und aufwendig, denn ich müsste es zu seinem Cousin nach White Rock bringen und das Geld wäre erst am Freitag da. Eine Stunde später meldet sich Tom, ein Engländer der gerade in Kanada angekommen ist. Er kauft den Chevy sofort. Da versuche ich zwei Wochen lang ohne Erfolg das Auto los zu werden, dann ginge es gleich zwei mal. Newton sage ich ab, zu umständlich das Ganze. Papierkram erledigen und alles mit der Versicherung klären. Mittwoch mehr Regen. Ich sitze am PC, erledige Telefonate, verkaufe das Handy samt Karte und tausche die “Autodollar” in Euro. Es ist wie in den letzten Tagen in Neuseeland: Körperlich bin ich noch hier und mache auch einiges, gedanklich bin ich aber bereits in Europa und bei weiteren Plänen. Mittwoch Abend reißt endlich mal der Himmel auf. Mein Signal um zum Harbour Centre Tower zu fahren. Der Ausblick von da auf die Stadt im letzten Dämmerschein mit aufflammenden Großstadtlichtern ist genial. Donnerstag, sortieren und packen. Fühle mich gut, da nun alles erledigt ist. Am Abend fahre ich mit Daniel auf den West Broadway zum Mongolen. Richtig lecker, und cool dabei zuzusehen wie der Koch unser Essen auf einem riesigen heißen Stein zubereitet. Freitag. Grau und regnerisch, wie inzwischen gewohnt. Ein Streifzug durch Chinatown und Gastown auf der Suche nach kleinen Souvenirs. Schwierig, denn ich bin kein Shopper und das Angebot ist ganz schön kitschig. Einziger Lichtblick: bei “The Bay” wird gerade eine Kollektion für Olympia 2010 ausgepackt. Kurz darauf bin ich im Besitz einer coolen Jacke. Es hat inzwischen aufgehört zu regnen und die nächste Partynacht steht an. Ein eher mäßiger Besuch im Red Room Club und ich liege bereits vor 2 Uhr im Bett. Samstag ein kleiner Sightseeing Trip. Mit dem Skytrain fahre ich kreuz und quer durch Vancouver. Das coole dabei: Man kann sich im fahrerlosen Zug auf die Position des Lokführers setzen und erlebt die Fahrt ganz neu. Es trübt sich wieder ein, also streiche ich den Plan zum Grouse Mountain zu fahren und spaziere lieber am nahen English Beach. Nachtprogramm: Clubbesuch in der Granville Street. Gut das ich schon 21 Uhr da bin, denn es ist Halloween, Party überall. Die Mädels trotz kühler Temperaturen in sehr knappen Kostümen. Ein fetziger letzter Abend für mich. Sonntag. Ich verabschiede mich von Bekannten und gehe zum letzten Mal in die Stadt. Sonnenschein und kalter Wind, der Herbst lässt grüßen. In der komfortablen Bibliothek lese ich mich zwei Stunden im Reiseführer über Tibet fest. Rechtzeitig mit dem Bus zum Flughafen. Der Check-in bei British Airways problematisch, jüngste Terroranschläge komplizieren das Handling vom Handgepäck erheblich. 20 Uhr verlasse ich wehmütig kanadischen Boden und überfliege innerhalb der nächsten fünf Stunden eine Strecke, für die ich mit dem Auto in anderer Richtung fünf Monate gebraucht habe.
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im Flughafen von Vancouver
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Ein, zugegeben, sehr spätes Nachwort: Das war sie, meine Zeit in Kanada. Und sie war gut, richtig gut. Was davon am intensivsten hängen bleibt? Das wirklich große Gefühl der Freiheit. Ausgehend von dem dichter besiedelten Streifen an der Grenze zur USA tropft die Zivilisation in Richtung Norden schnell aus. Was so toll klingt und Grundvoraussetzung für so manches Abenteuer ist, daran galt es sich erst einmal zu gewöhnen. Nach der ersten großen Reise vor zwei Jahren durch Neuseeland dachte ich hier wird es ähnlich sein: an jeder Ecke Hostels, Backpacker und Möglichkeiten - doch weit gefehlt. Auf Grund der wirklich riesigen Entfernungen sieht man nur selten Reisekollegen und ist meist auf sich selbst gestellt. Als „Gegenleistung“ dafür stehen Ursprünglichkeit und Zwanglosigkeit, eben gepaart mit dieser Freiheit und Weite. Als ich den ersten Autoatlas von Kanada in den Händen hielt, dachte ich noch das es zwischen den vereinzelten Stichstrassen in den hohen Norden Querverbindungen geben müsste. Fehlanzeige. Vielleicht sind da ein paar wirklich halsbrecherische Feldwege, aber ansonsten führt nur die Strasse wieder hinaus die auch hineinführt. Churchill, Yellowknife oder Inuvik sind da nur Beispiele. Und all das sind weite Wege, wirklich weite Wege… So kamen auch mit gründlicher Streckenplanung mehr als 27.000 km mit dem Auto zusammen. Selbiges konnte ich mit einiger Mühe immerhin in recht kurzer Zeit besorgen. Es hielt auch problemlos durch, nur der Verkauf gestaltete sich knapp und nervenaufreibend. Und sonst? Kanada als Traum für Auswanderer wird all seinen Klischees gerecht. Die Menschen dort, wie auch das Klima, sind rau, aber ehrlich. Die Landschaften so verschieden wie man es in einem so weitläufigen Land erwarten darf. Der vielfältige Osten mit den Städten und touristischen Highlights wie den Niagara Fällen. Die flache Mitte mit einem scheinbar unbegrenzten Horizont, sowie der wilde bergige Westen, wo in meinen Augen das Kanada existiert, welches man sich erträumt. Für mich begann der beste Teil der Reise mit den Rocky Mountains. Ich bin nun einmal der Bergwelt zugetan und genieße jeden noch so harten Aufstieg, wird er doch meist mit grandiosen und eindrücklichen Aussichten belohnt. Die Natur wird komplettiert mit der jeweiligen Flora und Fauna. Letztere war äußerst interessant, wenn man von Blackflies und Moskitoschwärmen absieht. Bär, Bison, Elch und Wale sind nur die großen Vertreter, wobei mir das ach so nahe Aufeinandertreffen mit einem wilden Grizzly wohl ewig in Erinnerung bleiben wird. So bleibt mir letzten Endes nur fest zu stellen: Kanada ist eine Reise wert - und wohl mehr als eine…
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