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Ein Fazit Da sitze ich nun, genau einen Monat nach der Rückkehr aus Neuseeland. Genügend Zeit um ein wenig Atem zu holen und über das Gesehene und Erlebte nachzudenken. Folgende Zahlen und Fakten habe ich für alle Statistiker zusammengetragen: Diese sagenhafte Reise durch Neuseeland dauerte 179 Tage. Ich bin insgesamt 36.000 km geflogen, davon 60 km als Pilot einer “Cesna 152” und einmal nur den halben Weg, da mich der Fallschirm wieder auf den Erdboden brachte. Mit dem Auto fuhr ich 11.000 km durch das Land und legte geschätzt 2.000 km zu Fuß zurück, was mehr als der Nord - Süd - Ausdehnung von Neuseeland entspricht. Während der Reise war ich ungefähr 200 km mit dem Bus unterwegs, auf Schiffen und Fähren vielleicht 150 km und 50 km mit Hilfe des Kajaks. Dazu der Ritt im Schlauchboot einen wilden Fluss hinunter und 350 km auf so manch altem Mountainbike. Ich lief durch Wälder, über Weiden und Strände, auf Sanddünen und einem Gletscher, kletterte auf Berge, über Schneefelder und stundenlang durch dunkle Höhlen. Zum ersten Mal in meinem Leben besuchte ich Wale in ihrem natürlichen Umfeld, sah häufig und sehr nah unzählige Robben, Pinguine, Albatrosse, und viele andere Meeres- oder Landbewohner. 55 Hostels, von denen einige zu den besten der Welt gehören, boten mir Unterkunft, nicht zu vergessen die drei Farmen. Die Anzahl der Menschen zu schätzen mit denen ich mehr als ein paar Sätze gewechselt habe, scheint unmöglich. Selbst nur die Interessantesten unter ihnen machen bereits mehrere Dutzend aus. Ich fing die ersten “richtigen” Fische, sammelte Muscheln, genau so wie Austern, und habe einiges in der Küche dazugelernt. Ich sah einen nächtlichen Himmel, der so groß, hell und voller Sterne war, das mir der Mund vor Staunen offen blieb, wie bei manch dramatischen Auf- oder Untergang der Sonne. Das alles macht mich noch nicht zu einem, der Neuseeland wirklich kennt, denn dazu braucht es viel mehr Zeit. Auf Grund der vielen Erlebnisse kann ich jedoch einiges beurteilen: Neuseeland ist ein Paradies für Reisende, egal für was sich der Einzelne begeistert. Auch dieses Land hat Probleme und wie überall ist längst nicht alles Gold, was glänzt. Mehrheitlich sind die Einheimischen eine Wucht, geprägt von einer natürlichen Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, die ich in Deutschland schon lange vermisse. Gerade in Filmen wie “Herr der Ringe”, “Das Piano” und “Whalerider”kommt die wilde Schönheit dieses Landes zum Ausdruck und zeigt, welche Outdoor-Möglichkeiten gegeben sind. Ich bin deswegen kein Wanderfanatiker geworden oder einer der wochenlang allein durch die Wildnis streift. Zugegeben war es ein Genuss, stundenlang staunend durch die Natur zu ziehen ohne einer Menschenseele zu begegnen. Demgegenüber war mir als Pendler zwischen den Welten wichtig, abends wieder im Hostel unter Leuten zu sein, oder in den großen Städten nächtelang ins brodelnde Leben der Clubs einzutauchen. Durch das halbe Jahr auf der anderen Seite der Erde ist bestimmt kein neuer Mensch aus mir geworden, auch wenn einige Ver- änderungen spürbar sind. Gelassenheit, innere Ruhe und eine vollkommen neue Sicht auf die Dinge des Alltags kann ich jetzt mein Eigen nennen. Nach einer Auszeit wie dieser wird man keinesfalls faul oder träge, sondern steht dichter am Leben dran. Sechs Monate fast ohne Fernsehgerät und Tageszeitung, damit ging der Anschluss an das aktuelle Weltgeschehen verloren, aber dadurch blieb mir manch negative oder unsinnige Nachricht erspart. Wer jetzt glaubt, das diese Reise satt machte, der irrt gewaltig. Ganz im Gegenteil, der Hunger diese Welt zu erkunden und erleben wurde noch viel größer. Als Nächstes werde ich mindestens für ein Jahr in der Schweiz arbeiten. Zum Einen , weil mir der Job im Hotel und auch das Land gut gefallen. Zum Anderen um für kommende Reiseziele Geld anzusparen. Man steht im Leben immer wieder vor einer Wahl, wobei philosophisch betrachtet jede Entscheidung FÜR etwas sich gleichzeitig GEGEN vieles andere richtet. Meine Entscheidung ist längst getroffen und ich verneige mich tief vor diesem Leben, welches mir diese Möglichkeiten bietet. Wahrscheinlich werden mich einige Verwandte und Freunde in diesen Zeilen kaum wiedererkennen. Mit Absicht sollen sie zum Nachdenken anregen. Die Witze, das Lachen und all die Kraft des Lebens bekommt ihr von mir ausreichend live geboten. Um vielleicht das, was ich aus dieser Zeit in Neuseeland mitnehme, in nur wenige Worte zu fassen, reicht der Text einer Postkarte, die am Kühlschrank der Farm in Blenheim hing: “Höre nie auf anzufangen, fange nie an aufzuhören…”
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